13 Miscellaneous
box 44/10
163
philharmonisches Abonnementbillet — das ist für die
politischen Freunde der Philharmoniker ein zu grosses
Opfer. Was seit unvordenklichen Zeiten nicht da¬
gewesen, ereignete sich heuer: die Concerte waren
nicht ausverkauft. Die Partei hatte die Philharmoniker
im Stiche gelassen. Es zeigte sich eben wieder, dass
der politische Parteistandpunkt in Kunstsachen sich
stets nur im negativen Sinne geltend machen kann.
Ob die philosemitischen Programme den Rechen¬
fehler der Philharmoniker wohl reparieren werden?
Vielleicht. Zunächst aber muss sich der erwachte
Kunstsinn der Stadt Wien wieder legen. Sonst wird
Hellmesbergers Schwärmerei für Goldmark und
Mendelssohn nicht ernst genommen.
O du lieber Augustin!
Das Literaturgigerthum dieser vielgeprüften
Stadt Wien ist rascher, als man erwarten konnte, von
dem verdienten Schicksal ereilt worden. Ihr Jung¬
wiener Theater zum lieben Augustin hat einen Krach
erlitten bis tief hinab zu unseren geschätzten Antipoden.
Die werden Augen gemacht haben, unsere Antipoden,
als das Jungwiener Theater zum lieben Augustine
unter donnerndem Gepolter bis zu ihnen durch¬
gedrungen ist.
Mit welchem unsinnigen Tantam ist doch das
Jungwiener Theater vor länger als einem halben
Jahre angekündigt worden. Zwischen dem Drama,
dem Epos und der Lyrik — hiess es schon damals
hätten sich Formen eingeschoben, die der Zeit¬
psyche eigen sind. Die Lyrik werde lebendig und die
Satire trete in der Form des glatten, scheinbar harm¬
losen Dialogs auf, dessen grausame Pointen blitzartig
die morsch gewordene Moral der modernen Gesell¬
schaft beleuchten. Alle diese Erscheinungen werde
box 44/10
163
philharmonisches Abonnementbillet — das ist für die
politischen Freunde der Philharmoniker ein zu grosses
Opfer. Was seit unvordenklichen Zeiten nicht da¬
gewesen, ereignete sich heuer: die Concerte waren
nicht ausverkauft. Die Partei hatte die Philharmoniker
im Stiche gelassen. Es zeigte sich eben wieder, dass
der politische Parteistandpunkt in Kunstsachen sich
stets nur im negativen Sinne geltend machen kann.
Ob die philosemitischen Programme den Rechen¬
fehler der Philharmoniker wohl reparieren werden?
Vielleicht. Zunächst aber muss sich der erwachte
Kunstsinn der Stadt Wien wieder legen. Sonst wird
Hellmesbergers Schwärmerei für Goldmark und
Mendelssohn nicht ernst genommen.
O du lieber Augustin!
Das Literaturgigerthum dieser vielgeprüften
Stadt Wien ist rascher, als man erwarten konnte, von
dem verdienten Schicksal ereilt worden. Ihr Jung¬
wiener Theater zum lieben Augustin hat einen Krach
erlitten bis tief hinab zu unseren geschätzten Antipoden.
Die werden Augen gemacht haben, unsere Antipoden,
als das Jungwiener Theater zum lieben Augustine
unter donnerndem Gepolter bis zu ihnen durch¬
gedrungen ist.
Mit welchem unsinnigen Tantam ist doch das
Jungwiener Theater vor länger als einem halben
Jahre angekündigt worden. Zwischen dem Drama,
dem Epos und der Lyrik — hiess es schon damals
hätten sich Formen eingeschoben, die der Zeit¬
psyche eigen sind. Die Lyrik werde lebendig und die
Satire trete in der Form des glatten, scheinbar harm¬
losen Dialogs auf, dessen grausame Pointen blitzartig
die morsch gewordene Moral der modernen Gesell¬
schaft beleuchten. Alle diese Erscheinungen werde