VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 58

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Samstag, 17. Oktober 1908.
Strauß=Theater wird er spielen. Das Urtheil ist kon¬
plizirt. Sie werden weiter um ihn prozessiren. Aber
das Johann Strauß=Theater hat vorläufig den Ge¬
winn. Denn bei dieser Armuth an guten Darstellern
für die Operette ist Herr Treumann ein Gewinn
Und Leopold Müller eröffnet demnächst unter dem
Zeichen eines Gewinnes das neue Theater. Er sol¬
über ein Musterensemble verfügen, dem bekanntlich
auch Frau Krammer von der Budapester Oper an¬
gehört. Der alte Theaterpraktiker Müller wird, scheint
es, den anderen Operettentheatern Eines aufzulösen
geben.
Im Carltheater ist „Der schwarze Tenor" durch¬
gefallen und „Johann der Zweite macht nichts. Die
Schauspieler leisten sich das Wortspiel:
„Der schwarze Tenor war der erste Durchfall
und „Johann der Zweite
Die Operetten defiliren heuer im scharfen Tempo.
Das Theater an der Wien bringt morgen eine neue
Operette, das Raimund=Theater nächste Woche und
das Carltheater einige Tage später, dem das Johann
Strauß=Theater auf dem Fuß folgt. Vier neu¬
Operetten in kaum vierzehn Tagen!
Einem der Wiener Operettenkomponisten, der
sein kleines Talent kaufmännisch sehr gut fruktifizirt,
sehr eitel ist und sich, weiß Gott warum, einbildet,
daß ihm eine Kaiserliche Auszeichnung blüht, haben
die Schauspieler die Mittheilung zukommen lassen,
daß er dekorirt wurde, und zwar wurde ihm ver¬
liehen: „Das Kontorkreuz des Franz Josephquais mit
dem Praterstern, erster Klasse, tour und retour.
Da die meisten Wiener Theater jetzt keinen
Erfolg haben und eifrig proben müssen, um Neu¬
heiten zu bringen, ist es verwunderlich, woher die
Schauspieler die Zeit nehmen, solchen Unsinn aus¬
zuholen.
Der Konkurrenzneid wuchert in keinem Beruf
Oppiger als im Bannkreise des Theaters. Bei den
Schauspielern nennt man es Rollenneid, bei den
Komponisten artet es in Verfolgungswahn, aus und
die Dichter werden geistreich, wenn sie hassen. Ein
Ueberschuß an Satire, der sich sogar den Angehöri¬
gen des Dichters mittheilt.
Wenn das folgende Episodchen nicht wahr ist,
dann hat man es recht bezeichnend erfunden.
Schnitzler und Hoffmannsthal, die beiden Ri¬
dalen um den ersten Preis der Wiener Bühnenlie¬
ratur, befinden sich mit ihren Gemahlinen in einer
Gesellschaft. Schnitzler liest das jüngste Produkt sei¬
ner dramatischen Muse vor. Er liest ebenso liebens¬
würdig als er dichtet. Eine achtungsvolle Pause
tritt ein, nachdem er geendet hat. Man wird den
Dichter im nächsten Augenblick beglückwünschen.
Hoffmannsthal findet das erste Wort. Er sagt zu
seiner Frau theilnehmend:
„Du hast geschlafen?"
„Ach nein. Ich konnte nicht. Ich habe so furcht¬
bare Zahnschmerzen.
— 16. Oktober.
te doen
Gerichtshalle.
Budapest, 16. Oktober. (Die Kardos Banken.)
Heute wurden neuerdings einige Zeugen verhört, welche
über die näheren Umstände der Gründung der Joseph¬
und Franzstädter Sparkasse und über das geschäftliche
Gebahr Aufschlüsse gaben. Neues Material für die
Anklage wurde durch diese Verhöre nicht gewonnen,
denn es war schon bekannt, daß die Familie Kardos
mit Kellerwechseln operirte, daß sie in die Sitzungspro¬
tokolle auf Ertheilung unbegrenzten Kredits bezug habende
Beschlüsse hineinschmuggelte und daß sie Sparkasse¬
büchel fabrizirte ohne Unterlage. Der Präsident ord¬
nete dann die Verlesung mehrerer Dokumente und Briefe
an. Man