VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 68

13. Miscellaneous
von Doppeltheatern auf sich zu nehmen, die den
kleine
ästhetischen Zielen irgend eines verstiegenen modernen
Regisseurs überliefert werden sollen. Und beim ersten
halten,
großen Defizit würde dieser ja doch überall fallen
dieser
Der müssen.
So wenig wie die praktischen Ziele dieses neuesten
henden Theaterreformers haben auch die künstlerischen irgend
müssen einen greifbaren Kern. Er redet sich in schöngeistiger
darum Weise um die selbstverständlichsten Dinge herum und
freier meint wunders was gesagt zu haben, wenn er fort und
fort vom Stil redet, immer und immer wieder einen
ängigen
soll das gebildeten Regisseur verlangt, wenn er fordert, daß
jeder Dichter in seinem eigenen Stil gespielt werde,
deutsche
wenn er erklärt, was modern und zwischen den lebenden
eigene
Autoren und den Lebendigen früherer Zeiten unter¬
er vor¬
scheidet und so weiter. Das alles ist jedem Theate
hnfacher
orscheine menschen so geläufig wie das Alphabet, und man staur.
wenn man aus tiefsinnige Wendungen stößt, wi
nis der
„Nur ein kluger Künstler kann Regie führen." Oder
en neben
wenn er versichert, der Regisseur müsse wissen, „daß der
enten¬
„Götz" anders als der „Tasso und auch anders al
Blüte.
„Wilhelm Tell" anzufassen ist. Ja, zu wem sprich¬
großen
denn Herr Hagemann? Wer weiß denn das nicht? „
mit auch
ist alles. Was wir für unser deutsches Theater, für die
ser nichts
eißt den nächste Zukunft brauchen, ist der Stilkünstler: der
e Logen! Regisseur als Stilkünstler." Jawohl — wir brauchen
den Mann, der zwischen „Götz", und „Tasso" zu unter¬
ge Form
scheiden vermag. Denn das haben Schreyvogel und
Abonne¬
Immermann, Tieck und Iffland, Laube und Dingelstedt,
kreise von
Wilbrandt, August Förster und all ihre Schüler bisher
nicht gewußt. Es gab keinen Hagemann, der es
der mag
ihnen sagte.
Aber er
Neben mancher platten und mancher gescheiten
sieht, wer
Bemerkung findet sich in dem Büchlein Hagemanns
elle Wohl¬
auch viel ausgesprochenes Mißwollen und sehr viel
Gesamtheit
Erhaltung Berliner Hochmut. Er stellt Sudermann auf die unterste
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Stufe der noch zulässigen Autoren des Theaters. Sein das zum Schlusse in einem Prunkmantel für die
moderner Regisseur muß ausdrücklich wissen, daß er
Berliner „Kulturbühnen“ der Herren Max Rei
dorthin gehört. Wenn Hagemann die Namen Fulda und Otto Brahm verarbeitet wird. Wien aber
und Blumenthal ausspricht, fragt er: „Muß man diese die Kosten. Und auch Dresden und München
Leute auch noch spielen?" Seine Götter sind Ibsen
künstlerische Kultur um ein halbes Jahrtausend
Hauptmann und — Schnitzler. Da er die Namen
ist als die Berlins, werden zur Provinz herabge
Grillparzer und Anzengruber nie nennt, können wir ihn
die aufzunehmen habe, was Berlin heute prod
für den Wiener Schnitzler nicht danken. Er ist ein
Er kniet im Staube vor dem Ausstattungsk¬
Schatten neben jenen Großen. In Ibsen, Hauptmann
Max Reinhardt, der mit mittleren Schauspieler
und Schnitzler sieht Hagemann die anerkannten Träger
gutem Drill abgerundete Vorstellungen in einem
des Theaters der Lebenden. Für die siegreiche Ein¬
schen Rahmen, doch ohne jeglichen Individualit
führung von Wedekind, Hoffmannsthal, Vollmöller,
zustande bringt, und er schreibt Hymnen üb¬
Eulenberg, Wilde, Shaw und Strindberg, die ihm sehr „Höhenkunst" der Truppe Brahms. Sie löse
am Herzen liegen, hält er neben den städtischen Theatern Aufgaben der modernen Schauspielkunst, wie sie
sogenannte Sonderbühnen oder Freie Bühnen für
sonst auf einer Bühne unseres Erdteiles" gelöst w
nötig. Große Reformen seien nur durch solche zu er¬
Wer Berlin und die künstlerischen Bestreb
eichen.
seiner modernen Bühnen kennt, muß die höchste A¬
ber man erschrecke nicht vor dieser trostlosen vor dem dort Gebotenen haben. Diesen Uebersch
todenen Auslese, die sämtliche deutschen Bühnen in aber muß man ablehnen. Es ist noch zu viel Bar
drei Monaten umgebracht hätte. Es ist dem Autor
mus in der jungen Kultur. Und das Kapitalistische
nur um den Effekt, nur um die Pose der Modernität Unterlage ist mit Händen zu greifen. Wenn irge
tun. Er versteht unter modern ganz etwas Ver¬
so ist in Berlin das Theater das, was es nach
künftiges. Er dringt von den Lebenden zu den mann nicht sein soll, ein Geschäft,
Lebendigen aller Zeiten vor und sagt: „Das moderne
Von unserem Burgtheater weiß Herr Hage
Theater soll uns die Meisterwerke aller Zeiten und Völker gar nichts, aber er redet darüber. Es sei ja eine
darstellen.“ Modern ist ihm alles, was noch lebendig
gemeinte Gründung" des Kaisers Josef gewesen.
ist. Und wir sollen jenen Werken der Vergangenheit man machte es zum Comtessentheater, man schnitt
aus der Gegenwart das hinzufügen, was voraussichtlich
für den Horizont „junger Mädchen“ zu. Er nimm
dermaleinst auch „Ewigkeitswert und Ewigkeitsdauer
Spottwort ernst! Er weiß nicht, daß das Burgth
besitzen wird. Man sehe doch dieses Versteckensspiel
seine erste große Epoche zur Zeit Schröders und
mit Alltagswahrheiten. Tut denn eine ernste Bühne,
manns, die zweite zur Zeit Schreyvogels gehabt
wie beispielsweise das Burgtheater, seit hundertfünfzig
Daß dann eine Zeit der Verflachung zum Com¬
Jahren etwas anderes? Sucht sie nicht immer das Beste
theater des Vormärz kam, wer leugnet es? Abe
der Gegenwart an das Beste der Vergangenheit an¬
achtzehnjährige Herrschaft Laubes machte ihr ein
zufügen?
und auch Dingelstedt und Wilbrandt dachten so
Eitles Reformgeschwätz! Nicht ein neuer Faden
an junge Mädchen bei ihrer Repertoirebelebung
st in dem ganzen Gewebe von schillernden Phrasen, man heute daran denkt, wo das Burgtheater — le