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13. Miscellaneous
Deutsches Volkstum.
rung anvertrauten Gefolgschaft kommt er sich im Spiele der Wellen selber komisch vor.
Bei einem gute Glase Rotspon macht er draus auch keinen Hehl, zuweilen auch nicht, wenn
er offiziell den Dreizack schwingt. Aber — ja eben aber! Die „maßgebenden Kollegen
sind eben zu maßgebend! Und nicht umsonst hat man ihm einen gutbeschnittenen Mitvor¬
sitzenden an die Seite gesetzt, der auch in sämtlichen Goethe=Schiller=Kleist= und
Shakespearebünden und =Stiftungen und sonstigen „Kulturgesellschaften" eine „ma߬
gebende Rolle spielt und mit den brusttönenden Worten „Wir Deutsche!“ nur so um sich
wirft Gelegentlich des Frankfurter Schützenfestes hat dieser einmal ein wundervolles
Gedicht veröffentlicht, in dem er sich selber als „deutschen Schützen“ einführt, der siegfried¬
gleich, unnachsichtlich und unerbittlich, mit tollkühner Unerschrockenheit alles bekämpft,
was faul im deutschen Vaterlande sei! Das „Berliner Tageblatt" hat dieses Kraftprodukt
genügend gewürdigt und seinen Verfasser dadurch geziehmend geehrt, daß es seinem
„Dichter namen das Prädikat „Der Schütze“ beifügte. In dem inredestehenden Kampfe
allerdings ist auf die totbringenden Pfeile dieses Frankfurter Schützen nicht zu rechnen.
Man wird doch nicht auf sich selber schießen! Das wäre ja kulturwidrig! „Wir Deutsche!
Seite 34. Die private Regelung dieser Aufführungsvertragsfrage hatten sich bereits
im Jahre 1910 der „Verband deutscher Bühnenschriftsteller“ und der „Deutsche Bühnen¬
verein“ zum Ziele gesetzt. Es wurde unter dem wohlberedten Vorsitz des Königlichen Ge¬
neralintendanten Professor Ernst Ritter von Possart eine gemeinsame Kommission ge¬
bildet, der anzugehören auch meine Wenigkeit das oft gar nicht geringe Vergnügen hatte.
Das platonische Interesse der hohen Behörden an dieser Theatermaterie kam dadurch zum
Ausdruck, daß der Chef der Berliner Zensurbehörde, Geh. Oberreg. v. Glasenapp, an den
mehr als zwei Jahre sich hinziehenden Verhandlungen ab und zu teilnahm. Die ideellen
und materiellen Gegensätze der „maßgebenden“ und „nicht maßgebenden Teilnehmern
prallten aber so hart aufeinander, daß Oscar Blumenthal, der Obmann des Verbandes
„deutscher Bühnenschriftsteller, seine blutigsten Witze loslassen mußte, um die Versamm¬
lung bei Lanne zu erhalten. Schließlich erblickte unter seiner sachkundigen Geburtshilfe
der Wechselbalg eines kläglichen Kompromißvertrages das Licht der Welt. Da aber die
Generalversammlung des „deutschen Bühnenverein“ dieser Mißgeburt die legitime An¬
erkennung versagte, blieb ihrem väterlichen Urheber Oscar Blumenthal nichts anderes
übrig, als das Produkt seiner Liebesmühen, nach einigen vergeblichen Versuchen, es um¬
zumodeln, in Spiritus zu setzen. Dergestalt harrt es noch heute in dem Archive des
Bühnenschriftstellerverbandes seiner Erweckung zu neuem Leben. Ob dieses Spiritus¬
begräbnisses waren aber die „Maßgebenden“ gar nicht böse. Sie, die schließlich nur unter
der Wirkung der andauernden Witze Oscars gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatten,
konnten sich für das moralische Plus, das ihnen die Annahme des Vertrages eingebracht
hätte, nichts „Greifbares" kaufen, und eine Bratwurst ziehen sie bekanntlich dem ganzen
homerischen Olymp. vor.
Dörrberg bei Gräfenroda i. Thür, Landhaus „Waldruh
10. Dezember 1916.
den Vorstand des Verbandes deutscher Bühnenschriftsteller
Berlin, Motzstraße 19.
Sehr geehrte Herren!
Es ist nicht ohne Reiz festzustellen, daß Sie in Ihrem wohlstilisierten Briefe vom
28. Oktober mich ausschließen, weil ich den Zweck des Verbandes gefährdet habe“, während
Sie nach Erhalt meines Briefes vom 21. November nunmehr den § 9, 1 der Satzungen
heranziehen und meinen Ausschluß damit zu begründen suchen, daß ich die Pflicht verletzt
habe, „die Bestrebungen des Vereins zu unterstützen"! Ich werde nicht verfehlen, die
talmudische Rabulistik dieser Ausschlußbegründung am geeigneten Ort ins gehörige Licht
zu setzen, ebenso die Tatsache, daß verschiedene Herren, die „einstimmig, meinen Ausschluß
votiert haben, darunter auch der eine des beiden Vorsitzenden, Herr Dr. Dreyer, mit dem
mich in allen persönlichen und Verbandangelegenheiten vertraute, Freundschaft verband,
sich zu den in meiner Kriegsschrift vertretenen Ueberzeugung und Kritik bestimmter
Persönlichkeiten mir gegenüber mündlich und brieflich wiederholt bekannt und ihrer
Freude darüber unzweideutigen Ausdruck gegeben haben! Diese Herren haben offenbar
den Mut ihrer Ueberzeugung nur unter vier Augen und fallen nun einem Freunde und
Gesinnungsgenossen, der infolge seines Militärdienstes in seiner persönlichen Freiheit ge¬
hemmt ist, heimtückisch in den Rücken, um es ja mit den einflußreichen Juden und Juden¬
genossen nicht zu verderben! Ich habe nun keine Veranlassung mehr, irgendwelche persön¬
liche Rücksicht zu üben und werde die ganze Verlogenheit dieses Verfahrens an den
Pranger bringen.
Leider bin ich dazu am 15. Dezember noch nicht imstande, da inzwischen abermals
ein schwerer Rückfall meines im Felde zugezogenen Leidens eingetreten ist. Ich sehe mich
13. Miscellaneous
Deutsches Volkstum.
rung anvertrauten Gefolgschaft kommt er sich im Spiele der Wellen selber komisch vor.
Bei einem gute Glase Rotspon macht er draus auch keinen Hehl, zuweilen auch nicht, wenn
er offiziell den Dreizack schwingt. Aber — ja eben aber! Die „maßgebenden Kollegen
sind eben zu maßgebend! Und nicht umsonst hat man ihm einen gutbeschnittenen Mitvor¬
sitzenden an die Seite gesetzt, der auch in sämtlichen Goethe=Schiller=Kleist= und
Shakespearebünden und =Stiftungen und sonstigen „Kulturgesellschaften" eine „ma߬
gebende Rolle spielt und mit den brusttönenden Worten „Wir Deutsche!“ nur so um sich
wirft Gelegentlich des Frankfurter Schützenfestes hat dieser einmal ein wundervolles
Gedicht veröffentlicht, in dem er sich selber als „deutschen Schützen“ einführt, der siegfried¬
gleich, unnachsichtlich und unerbittlich, mit tollkühner Unerschrockenheit alles bekämpft,
was faul im deutschen Vaterlande sei! Das „Berliner Tageblatt" hat dieses Kraftprodukt
genügend gewürdigt und seinen Verfasser dadurch geziehmend geehrt, daß es seinem
„Dichter namen das Prädikat „Der Schütze“ beifügte. In dem inredestehenden Kampfe
allerdings ist auf die totbringenden Pfeile dieses Frankfurter Schützen nicht zu rechnen.
Man wird doch nicht auf sich selber schießen! Das wäre ja kulturwidrig! „Wir Deutsche!
Seite 34. Die private Regelung dieser Aufführungsvertragsfrage hatten sich bereits
im Jahre 1910 der „Verband deutscher Bühnenschriftsteller“ und der „Deutsche Bühnen¬
verein“ zum Ziele gesetzt. Es wurde unter dem wohlberedten Vorsitz des Königlichen Ge¬
neralintendanten Professor Ernst Ritter von Possart eine gemeinsame Kommission ge¬
bildet, der anzugehören auch meine Wenigkeit das oft gar nicht geringe Vergnügen hatte.
Das platonische Interesse der hohen Behörden an dieser Theatermaterie kam dadurch zum
Ausdruck, daß der Chef der Berliner Zensurbehörde, Geh. Oberreg. v. Glasenapp, an den
mehr als zwei Jahre sich hinziehenden Verhandlungen ab und zu teilnahm. Die ideellen
und materiellen Gegensätze der „maßgebenden“ und „nicht maßgebenden Teilnehmern
prallten aber so hart aufeinander, daß Oscar Blumenthal, der Obmann des Verbandes
„deutscher Bühnenschriftsteller, seine blutigsten Witze loslassen mußte, um die Versamm¬
lung bei Lanne zu erhalten. Schließlich erblickte unter seiner sachkundigen Geburtshilfe
der Wechselbalg eines kläglichen Kompromißvertrages das Licht der Welt. Da aber die
Generalversammlung des „deutschen Bühnenverein“ dieser Mißgeburt die legitime An¬
erkennung versagte, blieb ihrem väterlichen Urheber Oscar Blumenthal nichts anderes
übrig, als das Produkt seiner Liebesmühen, nach einigen vergeblichen Versuchen, es um¬
zumodeln, in Spiritus zu setzen. Dergestalt harrt es noch heute in dem Archive des
Bühnenschriftstellerverbandes seiner Erweckung zu neuem Leben. Ob dieses Spiritus¬
begräbnisses waren aber die „Maßgebenden“ gar nicht böse. Sie, die schließlich nur unter
der Wirkung der andauernden Witze Oscars gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatten,
konnten sich für das moralische Plus, das ihnen die Annahme des Vertrages eingebracht
hätte, nichts „Greifbares" kaufen, und eine Bratwurst ziehen sie bekanntlich dem ganzen
homerischen Olymp. vor.
Dörrberg bei Gräfenroda i. Thür, Landhaus „Waldruh
10. Dezember 1916.
den Vorstand des Verbandes deutscher Bühnenschriftsteller
Berlin, Motzstraße 19.
Sehr geehrte Herren!
Es ist nicht ohne Reiz festzustellen, daß Sie in Ihrem wohlstilisierten Briefe vom
28. Oktober mich ausschließen, weil ich den Zweck des Verbandes gefährdet habe“, während
Sie nach Erhalt meines Briefes vom 21. November nunmehr den § 9, 1 der Satzungen
heranziehen und meinen Ausschluß damit zu begründen suchen, daß ich die Pflicht verletzt
habe, „die Bestrebungen des Vereins zu unterstützen"! Ich werde nicht verfehlen, die
talmudische Rabulistik dieser Ausschlußbegründung am geeigneten Ort ins gehörige Licht
zu setzen, ebenso die Tatsache, daß verschiedene Herren, die „einstimmig, meinen Ausschluß
votiert haben, darunter auch der eine des beiden Vorsitzenden, Herr Dr. Dreyer, mit dem
mich in allen persönlichen und Verbandangelegenheiten vertraute, Freundschaft verband,
sich zu den in meiner Kriegsschrift vertretenen Ueberzeugung und Kritik bestimmter
Persönlichkeiten mir gegenüber mündlich und brieflich wiederholt bekannt und ihrer
Freude darüber unzweideutigen Ausdruck gegeben haben! Diese Herren haben offenbar
den Mut ihrer Ueberzeugung nur unter vier Augen und fallen nun einem Freunde und
Gesinnungsgenossen, der infolge seines Militärdienstes in seiner persönlichen Freiheit ge¬
hemmt ist, heimtückisch in den Rücken, um es ja mit den einflußreichen Juden und Juden¬
genossen nicht zu verderben! Ich habe nun keine Veranlassung mehr, irgendwelche persön¬
liche Rücksicht zu üben und werde die ganze Verlogenheit dieses Verfahrens an den
Pranger bringen.
Leider bin ich dazu am 15. Dezember noch nicht imstande, da inzwischen abermals
ein schwerer Rückfall meines im Felde zugezogenen Leidens eingetreten ist. Ich sehe mich