13. Miscellaneous
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dem Hausherrn noch ganz unbekannter junger
Die beiden Lustspiele sind von dem Publi¬
Mann darf sich hier mit der Tochter verloben,
kum zwar nicht ohne Widerspruch, aber im
dann gleich im Hause das Frühstück einnehmen
ganzen doch beifällig aufgenommen worden. Der
den Besuch eines Freundes empfangen, der ihn
Einakter wurde von Frau Witt vortrefflich ge¬
vor der Verlobung als einer Philistrosität warnt,
spielt; während Herr Hartmann, seines starken
und endlich die Vorstellung der ganzen Familie
Erfolges in der „Großen Gemeinde" zur Unzeit
entgegennehmen — alles das in einem Akte,
eingedenk, dem ganz in Sicherheit gehüllten Ehe¬
Der Witz — das ist die stärkste Waffe Auern¬
mann in der ergötzlichen Szene mit dem Neben¬
heimers; es ist freilich mehr der Witz des Feuille¬
buhler leider nicht den Ton ironischer Überlegen¬
tonisten, der um seine Witze eine Handlung als
heit, sondern unterdrückter Heftigkeit verlieh,
Rahmen spannt, als der des eigentlichen Lust¬
worunter die komische Absicht des Dichters zu
spieldichters, der sie aus den Charakteren und
Schaden kam. Herrn Walter aber sollte man
aus der Handlung herausspringen läßt. Wir
doch endlich aufhören erotische Neigungen er¬
finden alle Formen des Witzes: solche, die die
wecken zu lassen und mit seinem fleischlosen,
Handlung begleiten, und andere, die ihr voraus¬
knochigen und zum Grinsen neigenden Knaben¬
gehen und erst hinterher in Handlung umgesetzt
angesicht an einen Platz zu stellen, wo zwar auch
werden, wie das „Mädel aus gutem Hause", das
unreife, aber doch blühende und frische Jugend
gleich darauf erscheint, oder die drei stereotypen
verlangt wird. In dem größeren Lustspiel ver¬
Fragen, auf die uns der Dichter eher aufmerksam
mißte man ganz die Wiener Lokalfarbe, die vom
macht, ehe sie eins, zwei, drei fallen. Witze, die
Dichter zwar nur leise aufgetragen ist, aber ge¬
zu der Situation und in den Mund der sprechen¬
rade deshalb in der Darstellung hätte verstärkt
den Person passen, wie wenn der warnende
werden müssen. Auch war die Ausstattung um
Freund sagt: „Mein lieber Freund, seine Geliebte
einen ganzen Ton zu hoch gestimmt, wie das
heiraten, d. h. ein Gedicht in Prosa auflösen:
jetzt öfter vorkommt; es gehört zu den Eigen¬
man macht das in der Schule, später nicht
tümlichkeiten unserer modernen Regiekunst, daß
mehr“, oder: „Immer wenn einer sich öffentlich
die Leute immer in neuen Häusern wohnen, in
verlobt, läßt er sich heimlich scheiden" (von seiner
neuen Kostümen auftreten und daß die Damen
Geliebten nämlich) — und andere, die nur der
immer die allerfeinsten Toiletten anhaben. Bei
komischen Wirkung wegen da stehen, wie wenn
einem kaiserlichen Rat, der so gierig darauf be¬
die Tochter der Mutter, die ihr vom Heiraten
dacht ist, seine Tochter nicht bloß versorgt,
redet, zuruft: „Das höre ich den ganzen Tag,
sondern auch versichert zu wissen, und dessen
ich kann doch nicht den ganzen Tag heiraten“,
zweite Tochter einen Mäen suchen muß, der
oder wenn sich zwei Liebende unter der gar zu
sie für die Musik ausbilden läßt, geht es im
durchsichtigen Chiffre „Freie Liebe" schreiben.
Leben nicht so hoch her, wie im Burgtheater,
Auch ein recht häßlicher und frecher Witz läuft
wo sogar die alte Großtante (Frau Wilbrandt)
gelegentlich mit unter, wenn der Arzt und
mehr den Eindruck der Herzogin aus der „Welt,
Nebenbuhler dem Bräutigam zu seiner schönen
in der man sich langweilt, als den einer gut¬
Braut mit den Worten gratuliert: „Wie schön
bürgerlichen Tante aus den sechziger Jahren
sie ist, das weiß nur ich — der Arzt." Alle
machte. Herr v. Zeska hatte bei dem rasch ver¬
Arten und Gattungen also — nur keiner, der
wandelten Literaten die Wahl, ihn von vorn
seine Wirkung verfehlt. In diesem Punkt darf
nach hinten oder von hinten nach vorn zu
man Auernheimer nicht bloß mit den neueren
spielen; er hat das letztere vorgezogen und, an¬
deutschen Lustspieldichtern, sondern auch mit den
statt in Zynismus und Dekadenz zu posieren,
modernen Franzosen vergleichen und er wird
einfach einen flotten Bonvivant gespielt. Sehr
kaum hinter einem anderen zurückstehen. Das ist
fein und charakteristisch wirkte Herr Römpler
immerhin etwas, das ist viel — wenn auch noch
als pessimistischer Papa. Als Verlobte empfahlen
lang nicht alles. Zum Schnitzer reicht Auernheimer
sich Frau Retty und Herr Treßler; sie haben
literarisch noch nicht hinan. Er hat vorläufig
ungefähr dieselben Rollen in diesem Winter
nur die Gebärde und lenkt, wenn er längere
schon einmal als Vermählte („Tür ins Freie"
Zeit auf dem Weg ins Freie gewandelt ist, von
gespielt und werden sie auch künftig noch öfter
selber wieder in das gutbürgerliche Geleise ein.
mit dem gleichen Erfolg spielen.
Minor.
Rundschau.
Geschichte.
schichte Nieder= und Oberösterreichs“, Raimund
Aus der landesgeschichtlichen Abteilung der
Friedrich Kaindls zwei Bände der „Geschichte
großen „Europäischen Staatengeschichte", sind
der Deutschen in den Karpathenländern“, und
bisher drei Werke österreichischen Inhaltes hervor¬
Hans Widmanns erster Band der „Geschichte
gegangen: Mar Vanesas erster Band der „Ge¬
Salzburgs". Sind jene beiden in dieser Zeit¬
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dem Hausherrn noch ganz unbekannter junger
Die beiden Lustspiele sind von dem Publi¬
Mann darf sich hier mit der Tochter verloben,
kum zwar nicht ohne Widerspruch, aber im
dann gleich im Hause das Frühstück einnehmen
ganzen doch beifällig aufgenommen worden. Der
den Besuch eines Freundes empfangen, der ihn
Einakter wurde von Frau Witt vortrefflich ge¬
vor der Verlobung als einer Philistrosität warnt,
spielt; während Herr Hartmann, seines starken
und endlich die Vorstellung der ganzen Familie
Erfolges in der „Großen Gemeinde" zur Unzeit
entgegennehmen — alles das in einem Akte,
eingedenk, dem ganz in Sicherheit gehüllten Ehe¬
Der Witz — das ist die stärkste Waffe Auern¬
mann in der ergötzlichen Szene mit dem Neben¬
heimers; es ist freilich mehr der Witz des Feuille¬
buhler leider nicht den Ton ironischer Überlegen¬
tonisten, der um seine Witze eine Handlung als
heit, sondern unterdrückter Heftigkeit verlieh,
Rahmen spannt, als der des eigentlichen Lust¬
worunter die komische Absicht des Dichters zu
spieldichters, der sie aus den Charakteren und
Schaden kam. Herrn Walter aber sollte man
aus der Handlung herausspringen läßt. Wir
doch endlich aufhören erotische Neigungen er¬
finden alle Formen des Witzes: solche, die die
wecken zu lassen und mit seinem fleischlosen,
Handlung begleiten, und andere, die ihr voraus¬
knochigen und zum Grinsen neigenden Knaben¬
gehen und erst hinterher in Handlung umgesetzt
angesicht an einen Platz zu stellen, wo zwar auch
werden, wie das „Mädel aus gutem Hause", das
unreife, aber doch blühende und frische Jugend
gleich darauf erscheint, oder die drei stereotypen
verlangt wird. In dem größeren Lustspiel ver¬
Fragen, auf die uns der Dichter eher aufmerksam
mißte man ganz die Wiener Lokalfarbe, die vom
macht, ehe sie eins, zwei, drei fallen. Witze, die
Dichter zwar nur leise aufgetragen ist, aber ge¬
zu der Situation und in den Mund der sprechen¬
rade deshalb in der Darstellung hätte verstärkt
den Person passen, wie wenn der warnende
werden müssen. Auch war die Ausstattung um
Freund sagt: „Mein lieber Freund, seine Geliebte
einen ganzen Ton zu hoch gestimmt, wie das
heiraten, d. h. ein Gedicht in Prosa auflösen:
jetzt öfter vorkommt; es gehört zu den Eigen¬
man macht das in der Schule, später nicht
tümlichkeiten unserer modernen Regiekunst, daß
mehr“, oder: „Immer wenn einer sich öffentlich
die Leute immer in neuen Häusern wohnen, in
verlobt, läßt er sich heimlich scheiden" (von seiner
neuen Kostümen auftreten und daß die Damen
Geliebten nämlich) — und andere, die nur der
immer die allerfeinsten Toiletten anhaben. Bei
komischen Wirkung wegen da stehen, wie wenn
einem kaiserlichen Rat, der so gierig darauf be¬
die Tochter der Mutter, die ihr vom Heiraten
dacht ist, seine Tochter nicht bloß versorgt,
redet, zuruft: „Das höre ich den ganzen Tag,
sondern auch versichert zu wissen, und dessen
ich kann doch nicht den ganzen Tag heiraten“,
zweite Tochter einen Mäen suchen muß, der
oder wenn sich zwei Liebende unter der gar zu
sie für die Musik ausbilden läßt, geht es im
durchsichtigen Chiffre „Freie Liebe" schreiben.
Leben nicht so hoch her, wie im Burgtheater,
Auch ein recht häßlicher und frecher Witz läuft
wo sogar die alte Großtante (Frau Wilbrandt)
gelegentlich mit unter, wenn der Arzt und
mehr den Eindruck der Herzogin aus der „Welt,
Nebenbuhler dem Bräutigam zu seiner schönen
in der man sich langweilt, als den einer gut¬
Braut mit den Worten gratuliert: „Wie schön
bürgerlichen Tante aus den sechziger Jahren
sie ist, das weiß nur ich — der Arzt." Alle
machte. Herr v. Zeska hatte bei dem rasch ver¬
Arten und Gattungen also — nur keiner, der
wandelten Literaten die Wahl, ihn von vorn
seine Wirkung verfehlt. In diesem Punkt darf
nach hinten oder von hinten nach vorn zu
man Auernheimer nicht bloß mit den neueren
spielen; er hat das letztere vorgezogen und, an¬
deutschen Lustspieldichtern, sondern auch mit den
statt in Zynismus und Dekadenz zu posieren,
modernen Franzosen vergleichen und er wird
einfach einen flotten Bonvivant gespielt. Sehr
kaum hinter einem anderen zurückstehen. Das ist
fein und charakteristisch wirkte Herr Römpler
immerhin etwas, das ist viel — wenn auch noch
als pessimistischer Papa. Als Verlobte empfahlen
lang nicht alles. Zum Schnitzer reicht Auernheimer
sich Frau Retty und Herr Treßler; sie haben
literarisch noch nicht hinan. Er hat vorläufig
ungefähr dieselben Rollen in diesem Winter
nur die Gebärde und lenkt, wenn er längere
schon einmal als Vermählte („Tür ins Freie"
Zeit auf dem Weg ins Freie gewandelt ist, von
gespielt und werden sie auch künftig noch öfter
selber wieder in das gutbürgerliche Geleise ein.
mit dem gleichen Erfolg spielen.
Minor.
Rundschau.
Geschichte.
schichte Nieder= und Oberösterreichs“, Raimund
Aus der landesgeschichtlichen Abteilung der
Friedrich Kaindls zwei Bände der „Geschichte
großen „Europäischen Staatengeschichte", sind
der Deutschen in den Karpathenländern“, und
bisher drei Werke österreichischen Inhaltes hervor¬
Hans Widmanns erster Band der „Geschichte
gegangen: Mar Vanesas erster Band der „Ge¬
Salzburgs". Sind jene beiden in dieser Zeit¬