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13. Miscellaneous
Gemüts zu verleugnen, die andere empfängt den Naturlaut aus der
seine Kritik reflektiert ebenso gerne, wie sie gestaltet, sein Spott
zug seines Wesens für
ersten volkstümlichen Hand und trägt alle Lebhaftigkeit der Emp¬
kennt keinen Pardon, und wenn ihm die Wärme Bauernfelds fehlt
rische Freude am Ge¬
findung in seine ursprünglichen mundartlichen Formen hinein. Auf
der in den altmodischen Komödien noch immer anheimelnd an
wenn er den kecken sal
der einen Seite Grillparzer, Bauernfeld, Lenau (trotz des leichten
unsere Herzen dringt, so hat er die Schärfe dafür einzusetzen, die
bärden beeinträchtigt
magyarischen Einschlags) und Grün bis zu Schnitzler und Hof¬
mutig an die Wurzeln der Erscheinungen herandrängt. War
und großen Epigramm
mannsthal, auf der anderen Raimund und Stelzhamer bis zu
Bauernfeld ein Meister des gemütlich-humoristischen Dialogs, so
wohl ein Meisterwerk
Anzengruber, Rosegger und Schönherr. Bahr steht nicht außerhalt
ist der Raisonneur von heute ein Virtuose der blendenden Dialektik
oder „Der Krampu
dieser Reihen. Sein Oesterreichertum ist mit allen Wurzelfasern an
im „Prinzip
Bahr hat sich viele Gaben angeeignet, seiner Natur ist viel von
diesen geschichtlichen Boden geknüpft, kein neuentdecktes, aber ein
frei¬
der journalistischen Beredsamkeit angeflogen, die sich unbewußt lenken
Besten gehören, was
um so besser begründetes. Freilich hat die Generation, der er an¬
Skeptiker zuletzt den Zu
läßt — er geht mit Tolstoi auf den Spuren der Bergpredigt und
gehört, in die holde Weichmütigkeit und künstlerische Traumseligkei=
berauscht sich mitunter gern an der Rousseaurenaissance, die das
in seinem Roman „O
eine neue Note hineingebracht: die Selbstironie, die melancholische
Menschheit in die Hän
Heil von einem neuen Naturmenschentum erwartet. Aber wenn man
Blasiertheit des leichten Sinnes, die sich selbst den Spiegel vorhält.
der sich urplötzlich in un
die lange Reihe seiner Schriften überblickt, so liegt doch sein
Aber der Grundton hat sich behauptet: der Anatolwitz Schnitzlers
der offenbar den Ehrge
Eigenstes in der individuellen Zuschärfung jener Satire, die sich
ist doch nur eine am Stamm höher sitzende Blüte jenes gelassenen
Pessimismus, den einst Nestroy als der Gegenpol Raimunds in
positive Weltbeglückungs
in das Nächste einbohrt und aus der treffenden Beobachtung die
der Linie des Wiener Behagens vertrat, und in Schnitzlers stärksten
kunstvoll geschliffene Kritik herausbildet. Wetteifernd mit seinen
Lustgestalten, in denen
Tragödie „Liebelei", schlägt dieselbe volkstümlich weiche Grund¬
früh dahingegangenen Freund Max Burckhard, diesem gelehrten und
In Wahrheit aber steht
farbe durch wie in den besten Volksszenen Ferdinand Raimunds.
sarkastischen Kopf, der geradezu der gesättigte Typus des raisonnieren¬
dieser Welt, für deren
Selbst Hofmannsthal, der dunkelste unter den Dichtern der tra¬
den österreichischen Hofrats war, hat er das Oesterreich der letzten
hat. Die romantischen
gischen Blasiertheit, verleugnet in „Christinens Heimreise" (das
Jahrzehnte, zumal die bureaukratischen Kreise, in Kultur= und
Erzwungenen, und was
auch „Venedig in Wien“ heißen könnte) den Wiener Grundton
Sittenbildern dargestellt, die an Schärfe des Strichs und Feinheit
fesselt, in einigen Prod.
wenig wie in seinem eingestanden österreichischen „Rosenkavalier
der Beobachtung nicht viel ihresgleichen haben. Gewiß war dabei
Kraft des Raisonneurs
In Hermann Bahr, dem in Wien akklimatisierten Oberöster¬
eine poetische Lizenz im Spiele: ein Teil wurde vielfach für das
reichs einen ersten Platz
reicher, dem Vielgereisten, der auch in Berlin eine Zeitlang heimisch
Ganze genommen. Aber dieser Teil fand eine literarische Spiege¬
„Wer zuspitzt, schneidet
war, der in Paris die Schule des Causeurs durchgemacht hat und
lung, die über den Wechsel der Zustände hinaus ihren Wert be¬
trifft freilich auch hier
der durch alle Wasser= und Feuerproben des Journalismus hin¬
haupten wird, weil die Charaktere nicht nur in den grotesken
ständlich nicht dieser Not¬
durchgegangen ist, entdeckt man nichtsdestoweniger die Grund¬
äußeren Merkmalen, sondern in den inneren Widersprüchen ihrer
ten nicht immer der Prü¬
züge des Deutschösterreichertums, die immer wieder hervortreten,
Wesensart wiedergegeben sind. „Drut“, die tragische Geschichte
Menschen muß mitunter
wenn sein Eigenstes für den Erfolg den Ausschlag gibt. Soga
eines Beamten ohne inneren Halt, ist ein Meisterroman aus dieser
Satire reif scheint, hervo
von seiner Herkunft aus der oberösterreichischen Hauptstadt, von der
Sphäre, und meisterhafte Züge springen auch aus den übrigen
rasch loslegt, dem werden
Stämmigkeit des Alpen= und Voralpenvölkleins ist etwas an ihm
österreichischen Romanen Bahrs hervor. Die epische Form gab
bleiben. Aber das gilt zu
ihm immer Gelegenheit, das Zuständliche breit auszuspinnen und
haften geblieben; es meldet sich in einem Zuge des Eigensinns,
der alte Aristophanes stan
der mitunter peroriert, anstatt zu argumentieren, und gerne seine
im Geteil eines Milieu zu schwelgen, in dessen Betrachtung er
Weisheit, der der Weltsieg
sich nicht genug tun kann.
Thesen dadurch verstärkt, daß er sie wetternd wiederholt und durch
Angriff gewagt, den wel
Faustschläge bekräftigt. Aus der Wiener Luft aber hat Bahr die
Dem Dramatiker, der sich noch weit eifriger be¬
konnten. Ohne Bahr mit
Kraft des Raisonneurs gesogen, der von den Tagen des harmlosen
tätigt hat, ist diese Neigung und Kunst ein wenig ge¬
einer von ihrem Geschleck
Vormärz bis zu jenen der Hyperkultur mit unbarmherziger Selbst¬
fährlich geworden. Er verliebt sich leicht in eine historische oder
die treffen, und wir
kronie die Schwächen der Heimat geißelt, aber dabei die Liebe zu
zeitgenössische Umwelt, in der ihm mitunter Erlebnis und Schicksal
wenn sie daneben schlägt.
diesen Schwächen, die mit den Vorzügen untrennbar zusammen
seiner Helden allzusehr zusammenschrumpft. Bahr hat mehr gut¬
Schaffens hindurch dringt
hängen, nicht verleugnen kann. Einst war Bauernfeld der stärkst
Expositionen, mehr treffliche erste Akte, in denen das Zuständliche
so vielerlei er begann und
Typus dieser österreichischen Selbstverspottung, hinter der eine scham¬
sich breit entfaltet, geschrieben als vom Anfang bis zum Ende
zu wechseln schien, doch kor
hafte Anhänglichkeit an den Heimatboden steckt, die ihre eigen
durchgebildete Theaterstücke
seine Dramen erinnern
hat. Dafür sei er bedank
Welt mit Pritschenschlägen bedenkt, aber mit Peitschenhieben droht,
öfter an seine Essays, in denen er durch kecke,
zig Jahren nimmt ihm sich
wenn der Spott sich von außen heranwagt. Aber Bauernfeld war
packende Prämissen fesselt und den Schluß fallen läß
die uns manche Stunde
eine rein künstlerische Natur; sein lustiger Feldzug gegen die
oder in Ironie auflöst. Daß er in einem Selbstbekenntnis seinem
viele gewähren wird. Und
Schwächen der Wiener Gesellschaft bediente sich nur der poetischen
Jugenddrama „Die Mutter so hohen Wert beimißt, liegt viel¬
halten sollte, so daß es be¬
Waffe, er übte indirekte Kritik, indem er die Gestalten der Komik
leicht daran, daß dieses Stück, in dem das abstruse Motiv der be¬
wird es hoffentlich auch an
preisgab, und er war im Grunde ein milder, versöhnlicher Pessi
wußten Blutschande aus dem Pathologischen ins Tragische gewendet
graph fordert, nicht fehlen
mist, der mit Bonhomie spottete und das Lächerliche gerne in¬
wird, mit mehr Konsequenz durchgeführt ist als die meisten seiner
seinem munteren, geistreic
Gemütliche wendete. Bahr ist eine ausgesprochene Kampfnatur, späteren Dramen. Aber auch hier hat zuletzt der satirische Grund der seine Gestalten Revue
13. Miscellaneous
Gemüts zu verleugnen, die andere empfängt den Naturlaut aus der
seine Kritik reflektiert ebenso gerne, wie sie gestaltet, sein Spott
zug seines Wesens für
ersten volkstümlichen Hand und trägt alle Lebhaftigkeit der Emp¬
kennt keinen Pardon, und wenn ihm die Wärme Bauernfelds fehlt
rische Freude am Ge¬
findung in seine ursprünglichen mundartlichen Formen hinein. Auf
der in den altmodischen Komödien noch immer anheimelnd an
wenn er den kecken sal
der einen Seite Grillparzer, Bauernfeld, Lenau (trotz des leichten
unsere Herzen dringt, so hat er die Schärfe dafür einzusetzen, die
bärden beeinträchtigt
magyarischen Einschlags) und Grün bis zu Schnitzler und Hof¬
mutig an die Wurzeln der Erscheinungen herandrängt. War
und großen Epigramm
mannsthal, auf der anderen Raimund und Stelzhamer bis zu
Bauernfeld ein Meister des gemütlich-humoristischen Dialogs, so
wohl ein Meisterwerk
Anzengruber, Rosegger und Schönherr. Bahr steht nicht außerhalt
ist der Raisonneur von heute ein Virtuose der blendenden Dialektik
oder „Der Krampu
dieser Reihen. Sein Oesterreichertum ist mit allen Wurzelfasern an
im „Prinzip
Bahr hat sich viele Gaben angeeignet, seiner Natur ist viel von
diesen geschichtlichen Boden geknüpft, kein neuentdecktes, aber ein
frei¬
der journalistischen Beredsamkeit angeflogen, die sich unbewußt lenken
Besten gehören, was
um so besser begründetes. Freilich hat die Generation, der er an¬
Skeptiker zuletzt den Zu
läßt — er geht mit Tolstoi auf den Spuren der Bergpredigt und
gehört, in die holde Weichmütigkeit und künstlerische Traumseligkei=
berauscht sich mitunter gern an der Rousseaurenaissance, die das
in seinem Roman „O
eine neue Note hineingebracht: die Selbstironie, die melancholische
Menschheit in die Hän
Heil von einem neuen Naturmenschentum erwartet. Aber wenn man
Blasiertheit des leichten Sinnes, die sich selbst den Spiegel vorhält.
der sich urplötzlich in un
die lange Reihe seiner Schriften überblickt, so liegt doch sein
Aber der Grundton hat sich behauptet: der Anatolwitz Schnitzlers
der offenbar den Ehrge
Eigenstes in der individuellen Zuschärfung jener Satire, die sich
ist doch nur eine am Stamm höher sitzende Blüte jenes gelassenen
Pessimismus, den einst Nestroy als der Gegenpol Raimunds in
positive Weltbeglückungs
in das Nächste einbohrt und aus der treffenden Beobachtung die
der Linie des Wiener Behagens vertrat, und in Schnitzlers stärksten
kunstvoll geschliffene Kritik herausbildet. Wetteifernd mit seinen
Lustgestalten, in denen
Tragödie „Liebelei", schlägt dieselbe volkstümlich weiche Grund¬
früh dahingegangenen Freund Max Burckhard, diesem gelehrten und
In Wahrheit aber steht
farbe durch wie in den besten Volksszenen Ferdinand Raimunds.
sarkastischen Kopf, der geradezu der gesättigte Typus des raisonnieren¬
dieser Welt, für deren
Selbst Hofmannsthal, der dunkelste unter den Dichtern der tra¬
den österreichischen Hofrats war, hat er das Oesterreich der letzten
hat. Die romantischen
gischen Blasiertheit, verleugnet in „Christinens Heimreise" (das
Jahrzehnte, zumal die bureaukratischen Kreise, in Kultur= und
Erzwungenen, und was
auch „Venedig in Wien“ heißen könnte) den Wiener Grundton
Sittenbildern dargestellt, die an Schärfe des Strichs und Feinheit
fesselt, in einigen Prod.
wenig wie in seinem eingestanden österreichischen „Rosenkavalier
der Beobachtung nicht viel ihresgleichen haben. Gewiß war dabei
Kraft des Raisonneurs
In Hermann Bahr, dem in Wien akklimatisierten Oberöster¬
eine poetische Lizenz im Spiele: ein Teil wurde vielfach für das
reichs einen ersten Platz
reicher, dem Vielgereisten, der auch in Berlin eine Zeitlang heimisch
Ganze genommen. Aber dieser Teil fand eine literarische Spiege¬
„Wer zuspitzt, schneidet
war, der in Paris die Schule des Causeurs durchgemacht hat und
lung, die über den Wechsel der Zustände hinaus ihren Wert be¬
trifft freilich auch hier
der durch alle Wasser= und Feuerproben des Journalismus hin¬
haupten wird, weil die Charaktere nicht nur in den grotesken
ständlich nicht dieser Not¬
durchgegangen ist, entdeckt man nichtsdestoweniger die Grund¬
äußeren Merkmalen, sondern in den inneren Widersprüchen ihrer
ten nicht immer der Prü¬
züge des Deutschösterreichertums, die immer wieder hervortreten,
Wesensart wiedergegeben sind. „Drut“, die tragische Geschichte
Menschen muß mitunter
wenn sein Eigenstes für den Erfolg den Ausschlag gibt. Soga
eines Beamten ohne inneren Halt, ist ein Meisterroman aus dieser
Satire reif scheint, hervo
von seiner Herkunft aus der oberösterreichischen Hauptstadt, von der
Sphäre, und meisterhafte Züge springen auch aus den übrigen
rasch loslegt, dem werden
Stämmigkeit des Alpen= und Voralpenvölkleins ist etwas an ihm
österreichischen Romanen Bahrs hervor. Die epische Form gab
bleiben. Aber das gilt zu
ihm immer Gelegenheit, das Zuständliche breit auszuspinnen und
haften geblieben; es meldet sich in einem Zuge des Eigensinns,
der alte Aristophanes stan
der mitunter peroriert, anstatt zu argumentieren, und gerne seine
im Geteil eines Milieu zu schwelgen, in dessen Betrachtung er
Weisheit, der der Weltsieg
sich nicht genug tun kann.
Thesen dadurch verstärkt, daß er sie wetternd wiederholt und durch
Angriff gewagt, den wel
Faustschläge bekräftigt. Aus der Wiener Luft aber hat Bahr die
Dem Dramatiker, der sich noch weit eifriger be¬
konnten. Ohne Bahr mit
Kraft des Raisonneurs gesogen, der von den Tagen des harmlosen
tätigt hat, ist diese Neigung und Kunst ein wenig ge¬
einer von ihrem Geschleck
Vormärz bis zu jenen der Hyperkultur mit unbarmherziger Selbst¬
fährlich geworden. Er verliebt sich leicht in eine historische oder
die treffen, und wir
kronie die Schwächen der Heimat geißelt, aber dabei die Liebe zu
zeitgenössische Umwelt, in der ihm mitunter Erlebnis und Schicksal
wenn sie daneben schlägt.
diesen Schwächen, die mit den Vorzügen untrennbar zusammen
seiner Helden allzusehr zusammenschrumpft. Bahr hat mehr gut¬
Schaffens hindurch dringt
hängen, nicht verleugnen kann. Einst war Bauernfeld der stärkst
Expositionen, mehr treffliche erste Akte, in denen das Zuständliche
so vielerlei er begann und
Typus dieser österreichischen Selbstverspottung, hinter der eine scham¬
sich breit entfaltet, geschrieben als vom Anfang bis zum Ende
zu wechseln schien, doch kor
hafte Anhänglichkeit an den Heimatboden steckt, die ihre eigen
durchgebildete Theaterstücke
seine Dramen erinnern
hat. Dafür sei er bedank
Welt mit Pritschenschlägen bedenkt, aber mit Peitschenhieben droht,
öfter an seine Essays, in denen er durch kecke,
zig Jahren nimmt ihm sich
wenn der Spott sich von außen heranwagt. Aber Bauernfeld war
packende Prämissen fesselt und den Schluß fallen läß
die uns manche Stunde
eine rein künstlerische Natur; sein lustiger Feldzug gegen die
oder in Ironie auflöst. Daß er in einem Selbstbekenntnis seinem
viele gewähren wird. Und
Schwächen der Wiener Gesellschaft bediente sich nur der poetischen
Jugenddrama „Die Mutter so hohen Wert beimißt, liegt viel¬
halten sollte, so daß es be¬
Waffe, er übte indirekte Kritik, indem er die Gestalten der Komik
leicht daran, daß dieses Stück, in dem das abstruse Motiv der be¬
wird es hoffentlich auch an
preisgab, und er war im Grunde ein milder, versöhnlicher Pessi
wußten Blutschande aus dem Pathologischen ins Tragische gewendet
graph fordert, nicht fehlen
mist, der mit Bonhomie spottete und das Lächerliche gerne in¬
wird, mit mehr Konsequenz durchgeführt ist als die meisten seiner
seinem munteren, geistreic
Gemütliche wendete. Bahr ist eine ausgesprochene Kampfnatur, späteren Dramen. Aber auch hier hat zuletzt der satirische Grund der seine Gestalten Revue