VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 133

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13. Miscellaneous
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So fehlt jedoch anderseits nicht an



die in ihrer gräßlichen Wucht etwas
Asiaten vermischt, exquisite Abenteurer, mit der alten
Teil der Bewohner ist bäuerisch. Bäuerisch im Leben und
Trauer der Nation drapirt, neben wüsten, stöhnenden Das andere ist der „Michael Gaißmay
der Gesinnung. Die Menschen haben einen anderen Schlag,
Propheten, Nervöse bis zur Hysterie zwischen verthierten aus dem Tiroler Bauernkriege von 1
unsere Gewohnheiten auch. Beide einen Stich in das Con¬
damals, als der Frevel der Herren zu
Idioten, alle Extreme der Welt beisammen, ein Ende der
servative, dem Neuen und Ungewohnten feindselig und mi߬
Bauern und die Bürger sich einem b
Menschheit an das andere gebunden, dazu noch leise die
trauisch gesinnt. Und doch kämpfen begreiflicherweise zwei
trauten, aber uneinig wurden, ihn u
dunklen Zeichen satanistischer Spuren — welche Contraste,
Einflüsse gegeneinander: eben dieser schwerblütige baju¬
elend erlagen. Man mag Bedenken
welche Fülle, welche Farben! Oder warum greift Niemand
varische Grundcharakter gegen den leichten Geist der Jahr¬
rührende Gestalt einer tragischen
in das politische Leben? Wir fühlen Alle, vor einer Ent¬
hundertneige, dessen Träger sich in einer Stadt von sechzig¬
„dramatisch“ ist, aber er ist ja auch ge
scheidung zu sein. Wird Niemand sagen, was wir gelitten,
tausend Einwohnern doch finden müssen."
Held des Dramas ist nicht der Gaißn
wie wir gerungen haben, Niemand die Angst der Ver¬
Dies ist das Programm der jungen Leute, die sich
Volk selbst, das ganze Tiroler Volk
zagenden, das Vertrauen der Hoffenden, Niemand dieser
seit ein paar Jahren jetzt in unseren Provinzen mit Unge¬
Gewalt des hinreißenden Stückes aus
ungeheuren Kampf um die Form unseres ganzen Dasein
stüm regen. Wie sollen wir uns nun zu ihren Forderungen
gleichsam mit klopfendem Herzen da¬
schildern, ob das Vaterland zum Alten umgewendet oder
verhalten, wir in der großen Stadt? Ich denke, wir werden
Volk entsteht und wie ein Volk vergeh
neu aufgerichtet werden soll? Unbetretenes überall, mar
ihnen zustimmen dürfen. Ein al, weil wir ja in der That
der Einzelne aus seinen Interessen
kann nicht über die Gasse, ohne einem Roman zu begegnen,
von einer österreichischen Literatur doch so lange nicht reden
Ganzen getrieben wird, wie er außer
an jeder Ede packt uns ein unerlöster Stoff an — und wir
können, als immer nur Wiene Gestalten gezeigt, Wiener
meine geräth, wie durch die Gefahr
Sind wir taub? Sind wir blind? Soll es von uns einmal
Fragen gestellt, Wiener Stimm ingen gegeben werden. Aber
auch, weil es uns selbst, denke ich, gut thun wird, Rivalen beißen, daß wir in unserer großen Stunde klein gewesen der Schrei des Einzelnen zur Stimm¬
Vielen plötzlich eine einzige ungeheure
sind? Sind wir so träge? Aber vielleicht ist es die Provinz
auf den Fersen zu spüren; dann bücken wir vielleicht doch
waltige, fast heilige Figur des allge¬
die uns den Stoß geben wird; vielleicht rüttelt und raff
einmal von unserer Manier auf, die schon fast zur leeren
aber dann auch, wie dem Einzelnen vor
sie uns doch endlich noch auf.
Routine wird. Und endlich, weil es ja nicht mehr geht, daß
angst wird, wie er sich retten, wieder
Wenn wir uns jetzt vom Ganzen zu den Einzelnen
wir uns ewig nur im alten Kreise derselben Stoffe, der¬
wenden, so sind die Tiroler zuerst zu nennen, vor Allen Volke, fort aus der Leidenschaft, for
selben Töne drehen. Muß man sich denn nicht wundern,
Franz Kranewitter mit zwei Dramen, die wir nächstens und zu sich selbst, in sein elendes Lo¬
was die Autoren des „jungen Wien“ Alles liegen lassen
im Deutschen Volkstheater sehen werden. Das eine, „Um die Würde des Volkes sich so schän
das doch der größten Wirkungen sicher wäre? Gibt es denn
Haufens wieder verliert, niemals hat
Haus und Hof“, im Stoffe an den „Fuhrmann Henschel
in Oesterreich wirklich nichts mehr als ewig das füße Mädel
erinnernd (es ist übrigens älter und schon 1895 in Inns¬ heftiger, schrecklicher und — ich zöge
von Schnitzler, höchstens einmal in ein anderes Costüm ge¬
erhabener empfinden lassen. Und in
bruck aufgeführt worden), aber mächtiger und freier, stellt
steckt, und jene reizend verruchte Welt des Theaters, von der
abstürzenden Tönen! Hier hören wii-
dar, wie ein Weib einen armen, von Begierden schwankenden
ich nicht loskommen kann, und die paar sonderbaren Laute
die tiefsten Glocken unserer alten deut¬
Mann verdirbt. Eine „Tragödie der Ehr= und Herrsch¬
einer äußersten, ja sublimen, aber schon fast kaum mehr
als ob das zuckende, donnernde, schna
sucht hat man mit Recht gesagt, weil es seinen besonderen
faßlichen Verfeinerung, die Hofmannsthal hat? Ist das
auferstanden wäre.
unser ganzes Oesterreich? Dann heißt es aber, es sei Alles Fall sogleich ins Allgemeine hebt und das schlechte Weib so
Auch von seinem Freunde Ru¬
grandios anwachsen läßt, daß es zuletzt gar keine einzelne
schon abgegriffen und verbraucht und kein unbetretener Weg
Person mehr, sondern wie der böse Instinct selbst ist, das wir heuer ein Stück, das „Weihnachts¬
mehr zu finden! Warum macht sich Niemand an den gali¬
in uns waltende Verderben. Dabei läßt es das Schicksal
*) Berlin bei S. Fischer.
zischen Roman? Diese ritterlich verlumpten Typen eleganten
*) Leipzig, bei August Schule,
Bettler, die höchste Cultur im tiefsten Elend, Pariser unter mit einer fast feierlichen Ruhe über die Menschen schreiten,