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13. Miscellaneous
setzungsfehler, etwa ein halbes Dutzend, zum Ge¬ mir seit der Aufführung meines Schau¬
zehn Jahre so treue Dienste geleistet hatten, zu¬
lies
genstand, Uebersetzungsfehler, die sich in den Re¬
spieles „Helden", eine der „größten in
sammenzufassen und sie in ein neues Melodrama
trieft
giebemerkungen zur „Candida finden. Trotz¬
tellectuellen Kräfte der Gegenwart erblickte
umzugießen, das den Anschein eines tiefdurch¬
st ein
dem verstand es Kellner, diese Kleinigkeiten in
Er schlug vor: mein Intellect und seine Bühnen¬
dachten Originals und eines modernen Schau¬
weiben solches Licht zu rücken, daß es den Eindruck
erfahrung sollen zusammen ein Stück zuwege
spieles haben sollte. Das Resultat von alledem
guter
machte, als ob die ganze Uebersetzung nichts wei¬
bringen. Zugleich theilte er mir eines der ver¬ war „Ein Teufelsker!“. Aber Terriss spielte nie¬
ckers
ter als ein einziger gigantischer Sprachfehler sei
blüffendsten Scenarien mit, die mir je vorge¬
mals darin. Er wurde in New=York von einem
habe
Ganz besonders kritisirte er die Uebersetzung des
kommen waren. Es vereinigte in sich all die Tollhäusler beim Bühneneingang seines Theaters
Charakterbildes, das ich von Pastor Morel ent¬
Grundideen, Intriguen, all die Zwischenfälle und
in demselben Augenblicke ermordet, in dem der
worfen habe, eine der sympathischesten Gestalten
fadenscheinigen Situationen, vermittelst deren dortige Erfolg meines Stückes Terriss Zweifel
die
in der „Candida. Um zu zeigen, wie die Sache die Theaterbesucher seit Erschaffung der Welt in
zum Schweigen gebracht hatte, ob „Ein Teufels¬
eigentlich deutsch hätte gemacht werden müssen,
und außer Athem gehalten werden. Am Schluß
kerl, alles in allem genommen für den Londoner
gab Kellner seine eigene Uebersetzung zum Besten.
eines jeden Actes wurde der Held auf Grund einer
Theaterbesucher nicht doch ein bißchen zu „intellec¬
Dann freilich begriff ich alles. Kellner ist einer
Anklage hin, die eine wunderschöne, aber mein¬
tuell sei. Jene Glücklichen, die der Aufführung
Under andächtigsten Anbeter der „Candida, und er
eidige Abenteurerin gegen ihn erhob, wegen
des Stückes im Raimund=Theater zu Wien bei¬
konnte es nicht ertragen, die Hand eines anderer
Mordes oder anderen
Verbrechen ver¬
wohnen werden, dürften, so hoffe ich wenigstens,
auf sein Idol gelegt zu sehen. Daher war es auch
haftet, und zu Beginn des nächsten Aufzuges
von den Vorgängen zu stark gefesselt sein, um
klar, daß er die übrigen zwei Stücke im gleichen tauchte er wieder auf ohne das geringste Fleckchen das Drama kritisch zu zerlegen. Aber ein Wert
Bande auch nicht eines Blickes gewürdigt hatte
auf seiner Ehre, bis er dann unmittelbar von
von mir muß mehr als einmal gesehen werden.
Angesichts dieser Erfahrung schaudere ich bei dem
dem Fallen des Vorhanges wieder unter einer
Deshalb sollte jeder intelligente Wiener minde¬
Gedanken, was sich alles ereignen dürfte, wenn
anderen Anklage arretirt wurde. Schließlich war
stens zehnmal hineingehen und sich's anschauen.
erst die gesammte deutschsprechende Menschheit
er schon auf dem Punkt, zum Galgen geführt zu
Wenn sich die erste Sensation verflüchtigt haben
in Europa mit „Candida bekannt sein wird, werden. Da befreit ihn der Klang froher Hoch¬
wird, dürfte den erfahrene Theaterbesucher
Schon Hermann Bahr erklärt, wie er davon be¬
zeitsglocken von seinem Alpdrücken. Er findet
ohne Schwierigkeit in dem einsamen Waisen¬
rückt sei, und Schnitzler wird sicherlich ins Kloster
daß er das ganze Stück hindurch geträumt hat,
finde, in der Vorlesung des Testaments, in
gehen, wenn er erst in den Zauberbann der
und erlangt so jene glückliche Lösung“, die für der heroischen Selbstopferung, in dem Kriegs¬
„Condida geraten ist. Trebitsch wird hoffent¬
ein populäres Stück in England absolut unent¬
gerichte, in der Hinrichtungsscene und in der
lich dieser Sache mit der Zeit entwachsen, und behrlich ist. Ich versuchte nun mit allen mög
Begnadigung im letzten Augenblick die alten
was mich betrifft, so thue ich mein Bestes, un
lichen Vernunftgründen, diesem fürchterlichen
wohlbekannten Kniffe aus dem Potpourri
mich davon zu heilen.
Terriss auseinanderzusetzen, daß ein solches des Melodramas wieder erkennen. Kritiker
„Ein Teufelsker!“ kam folgendermaßen zu
Scenarium viel zu viel Handlung und viel zu
wie Dr. Kellner, die in der englischen Literatur
stande. Ihr Wiener
habt wahrscheinlich den
wenig Anlaß zur Darstellung von Charakteren
zu Hause sind, werden freilich bald entdecken, daß
ezirke Namen von William Terriss noch nicht gehört
biete, worauf er entschlossen erklärte: „Sie
der Charakter der Mutter des Teufelskerls eines
gang
Das war der weitaus beste Schauspieler unter all
haben mich überzeugt, Mister Shaw." Mit meiner zahlreichen Plagiate sei, das ich direct aus
ten den melodramatischen Helden der englischen
diesen Worten warf er ohne weiteres Zögern das
Charles Dickens „Little Darrit" entnommen
rebitsch
Bühne am Schluß des letzten Jahrhunderts, Ein ganze Scenarium ins Feuer mit dem Mute und
geradeso wie der Advocat in einem anderen
a für
bildhübscher Mensch und so popular, daß er kraft der Entschlossenheit eines Mannes, der ganz gut
meiner von Trebitsch übersetzten Stücke aus
te sich
seiner Individualität noch den gewissen Typus
weiß, daß er noch eine Abschrift in seinem Schreib¬
Dickens' „Große Erwartungen" gestohlen wurde
tischen des rohen, aber packenden Effectstückes am Leben pulte liegen habe. Die Thatsache jedoch, daß er
Ich bin in der That ein begeisterter Bewunderer
rte er zu erhalten vermochte, lange nachdem es alt¬
mich als große intellectuelle Kraft begrüßt und dieses Dichters und hoffe, bevor ich sterbe, noch
rompt modisch geworden und den modernen Rivalen das damit angedeutet hatte, ich sei unfähig, ein manche andere Charaktere aus seinen Büchern zu
Wiener
Feld geräumt hatte. Er spielte gerade in einem populäres Melodrama zu schreiben, reizte mich stehlen. Aber das sind Kleinigkeiten, an denen
kön¬
fabelhaft erfolgreichen militärischen Drama, das auf das äußerste und ich beschloß, all die abge
nicht viel liegt. Die wahre Probe auf das Kunst¬
Die die Dreyfus=Affaire behandelte. Da schickte droschenen Zwischenfälle, all die abgestandenen
verständniß der Wiener Kritiker wird darin be¬
Ueber zu mir und ließ sagen, daß er in Situationen, die in den Schundstücken der letzt stehen, in welcher Art sie den Charakter des Puri¬
alters erfussen. Man sagt mir, daß es in Wien
keine Puritaner gäbe, aber das ist ein Irrthum;
der Puritaner ist überall zu finden. Nur ein Puri¬
taner kann Nietzsche verstehen. Vielleicht aber ver¬
steht Wien nicht Nietzsche?!..
Ich habe den leisen Verdacht, daß Wien
romantisch und künstlerisch veranlagt ist, und das
sind zwei Dinge, die in meinen Augen Mutlosig¬
keit und Verzweiflung unmöglich machen. Man
sagt, daß Glückseligkeit und Schönheit in Wien
genau so hochgeschätzt werden wie in London. Ich
persönlich bin kein besonderer Freund weder von
dem einen noch von dem anderen. Ich kann ein
mal im Monat so etwa zehn Minuten lang
Glückseligkeit ganz gut vertragen, geradeso wie
ich zuweilen ein Zuckerplätzchen esse; aber ich
würde lieber sterben, als von Zuckerplätzchen
allein zu leben, und ich möchte lieber von Zucker¬
plätzchen allein leben, als ein Dasein von Glück
seligkeit ausstehen zu müssen. Eines kann ich in
des dem Wiener Theaterbesucher versprechen: In
meinem Stücke wird er nicht mit Schönheit und
nicht mit Glückseligkeit, nicht mit Güte und
Tugend oder mit Schlechtigkeit und Romanti¬
oder mit sonst einem derartigen Unsinn geplagt
und gehetzt werden. Mein Stück behandelt nur
einen Gegenstand: das Leben, und es hat nur
eine Eigenschaft: das Interesse am Leben.