VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 146

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Miscellanos
das Leben in vollen Zügen getrunken, und nun ins Leben ist er gestürmt, verbrannt, und eran
Einakterabend.
sitzt er im Irrenhause. Diesen Gebrochenen läßt aus dem Feuer und wieder hinein und wiede
(„Unter vier Augen“. Von Ludvig Fulda.
sich der sieche Bruder zur Erbauung bringen. Er verbrannt, aber nur gelebt, gelebt, gelebt! A
„Der arme Narr“. Von Hermann Bahr.
will sehen, wie das Leben den Leichtsinn vergilt
sein Lieben und seine Kunst haben ihm eine We¬
„Karnerleut. Von Karl Schönherr.)
er will sehen, wie wehe Reue tut, die ihm erspart in seinem Inneren gebaut, deren Trümmer aus
Aufstieg vom Lustspiel zur Tragödie. De¬
blieb, weil er sich vor allen Unregelmäßigkeiten
aus der Verwüstung, die seinen Geist ergriffe
harmlos freundliche Einakter von Fulda macht noch
gehütet hat. Der „arme Narr soll her, soll ihn hat, noch leuchtend emporragen. Mitten in seine
immer einen gefälligen Eindruck. Höchst unwahr
erkennen lassen, wie schwer das Leben straft.
Leiden belebt ihn ein Stückchen Melodie auf
scheinlich zwar, daß die junge Frau erst an dem
Und er kommt. Man denkt bei dem kranken
einem seiner Lieder, erquickt ihn ein Bild au¬
Abend, an dem wir einen Einblick in ihre Häus=Tondichter an Hugo Wolf. Man darf es auch
der Natur, das er auffängt oder auf das ihn Ar¬
lichkeit erhalten, erkennt, daß ihr die Liebkosungen
denn auch Hermann Bahr hat an ihn gedacht, als oder Wärter zufällig weisen. Er ist noch immer
ihres Gatten lieber sind als die großen Gesell
er den „armen Narr schrieb. Er sieht den älterer
genußfähiger und höheren, reineren Freuden zu
schaften, für die sie bisher schwärmte. In den vier
Bruder, der in körperlichen Schmerzen stöhnt. Und gänglicher als der Bruder in seiner hämischen, ver¬
Monaten ihrer Ehe muß doch die Situation, au
da zeigt es sich, daß der zerbrochene Spiegel, als bitterten Gesinnung es je war. Auch auf
die das Lustspiel aufgebaut ist, mal dagewesen welcher die Seele des Irren erscheint, ihm noch
brochenen Schwingen erhebt er sich noch imme
sein. Nun, über diese Schwäche sieht man hinweg
immer mehr von der Schönheit und vom Glanz höher als der, der sich am Anblicke seines Elend
denn der Dialog ist unterhaltend, liebenswürdig, des Lebens in die Seele wirft als das reinlich¬
genug tun wollte.
und wie so oft, wiegt auch hier das Vergnügen
Glas, durch das der gesittete Bruder die Welt
Hermann Bahrs Arbeit zeigt deutlich Einflüsse
den Mangel an Lagik auf¬
allezeit kritisch betrachtet hat. Und der muß er Arthur Schnitzlers. Sein siecher Kaufmann Haiß
Anders der „Arme Narr“ von Hermann kennen, daß eigentlich er der „arme Narr“ ist. Er erinnert lebhaft an den in ähnlichen Stimmungen
Bahr. Interessante Quälerei für die Zuschauer
ist ängstlich an allem vorübergegangen, das fernal
befangenen todkranken Rittmeister Moser in
Ein Schauspiel, das den Trutzspruch: in philistros
vom geraden Geleise eines soliden Lebens lag den
Schnitzlers „Ruf des Lebens". Die nachdenkliche
als Leitspruch trägt. Ein schwerkranker Kaufmann er hat Not und Krankheiten als „Strafe" ge¬ wehmütige Betrachtung des Daseins, wie sie sich
will in seinem Leiden einen bescheidenen Tros
fürchtet. Und nun sieht er, daß er trotz aller Vor
aus dem Vergleich eines nüchtern verbrachten mit
darin finden, daß er, der immer ordentlich und
sicht, trotz aller Entsagung einem körperlichen einem genossenen Leben unter dem nivellierenden
solid gelebt, wenigstens nicht so vom Schicksal Leiden überantwortet ist und daß ihm dabei nicht Einflusse des Sterbens zeigt, erinnert zugleich an
gestraft wurde wie seine leichtlebigeren Brüder
einmal das leuchtet, was dem leichtsinnigen
ein anderes Werk der Wiener Schule, an einen
Der eine, Eduard, ist zwar noch zu jung, um ein Bruder helle, frohe Reflexe in die düstere Vor¬
Einakter in Saltens Dramenreihe: „Vom andere
derartiges wohltuendes Exemplum zu bieten. dämmerung wirft, die der Todesnacht vorausgeht, Ufer“. Auch Salten steht ganz im Banne de
Aber dafür Hugo, Hugo der Tondichter, Hugo der
die Erinnerung an unvergeßliche Stunden.
Dichters der „Lieberei, der den Hang des Wieners
Geniale! Er hat, ohne auf das Morgen zu denken,
Der „Narr hat es gut gehalten! Mitten hinein den Genuß des Lebens durch den angstvollen Aus