VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 156

13. Miscellaneous
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sich mengen.
jener faszinterende Klang der Stimme, die den demas wirklicher Macht strebt
Dr. Lueger hat ein künstlerischer Instinkt vor dieser gemeinen
.
Feuilleton.
Rednerkomit bewahrt. Die stärkste rednerische Kraft entwickelte
haben mich so lange für
er im Anfang der Neunzigerjahre, so lange er noch um die
sie haben so lange mißtra¬
Lueger.
Macht rang und doch schon selber eine Macht war. Da hatte er
bis ich halt wirklich ein 2
Will man vom persönlichen Wesen Luegers ein Bild auch ein sehr starkes Pathos zur Verfügung, das ihm, ans Ziel
Scherze war sicherlich vie
geben, so muß man vor allem sagen, daß er ein schöner Mensch gekommen, gleich verloren ging. Wie Adler einmal von ihm
mußte erst hervorgekitzelt
gewesen. Eine hohe, schlanke Erscheinung, gerade aufgerichtet
sagte: „In dem Moment, wo Lueger etwas sagt, glaubt er es
Allerdings war er
immer erhobenen Hauptes und mit federnd leichten Schritten
wirklich! Vorher nicht, nachher nicht!" Er hatte die für einen
sinnungen. Er liebte ein
einhergehend. Sein Gesicht, von ehedem braunem, zuletzt wei߬
guten Redner unentbehrliche Fähigkeit, sich an seinen eigenen
Meinungen und Anschau¬
Worten zu berauschen. Aber er hatte auch die für einen guten
grauem weichen Haar umrahmt, ist aus der Entfernung schö¬
geeigneten Moment der pa
zu nennen gewesen, in der Nähe störte der ausdruckslose, bei¬
Parteiführer unentbehrliche Fähigkeit, aus seinem eigenen Rausch
Das Gefäß zur Aufbewahrt
nahe stiere Blick seiner leicht schielenden Augen, auch hatte er
schnell zu erwachen und nüchtern zu werden. Dr. Lueger hat an
war für Karl Lueger die
sich im langjährigen Verkehr mit Tausenden von gleichgiltigen
seine jeweiligen Ideale minutenlang geglaubt, aber er hat sich
geräumigen Wurstkessel sa-
Menschen, gegen die er doch stets zuvorkommend war, ein
selbst immer wieder zu wecken verstanden, vor allem dadurch¬
dienst, Hausherren= und An
geschäftsmäßiges Lächeln angewöhnt. Diese erfrorene Grim¬ daß er seine Begeisterung schleunigst in seinem Cynismus ab¬
und Antisemitismus, Deu
masse der Liebenswürdigkeit wirkte gerade auf empfindliche Menschen
tötete
und noch ein Schock sonst
unerquicklich. In der Entfernung aber, wenn er auf der Tribüne
Am wenigsten fest saßen seine antisemitischen Gesinnungen
wirklich ein liebenswürdige
stand und sein Wort mit männlichen, festen Handbewegungen
in ihm. Mit dem politischen Verstand, mit dem Vorsatz ist
allmählich die hohle Routi¬
begleiten konnte, da wirkte Lueger freilich immer „schön“. In der
Lueger Antisemit gewesen, mit dem Herzen nie. Er wäre wirklich
geradezu, ernste Gegensätze
Rednerhitze wich auch oft der erkünstelte Ausdruck aus seinem
riesig gern ein Antisemit gewesen, aber er hat die Juden zu mütlichkeit hinüberzuleiten
Gesicht und so hatte er auf der Tribüne die schönsten Augenblicke,
lieb gehabt! Die Küsse, die er mit Juden — von Ignaz
er dem Bankett, der politis
Auch seine Stimme hat ihn zum Redner prädestiniert. Es hat im
Mandl bis Wilhelm Singer — gewechselt, waren durchaus nich
beigelegt. Beim Wein le¬
österreichischen Abgeordnetenhause nur wenige so wohlklingende
nur Komödie. Man muß Lueger im Parlament gesehen haben,
ab, bei einem guten „Pap
biegsame, vom zartesten Pianissimo zum pathetischen Forte wenn er nach einer notgedrungen judenfeindlichen Rede aus keiner „prinzipiell". Die
melodisch anschwellende Stimmen gegeben. Ein Stück Schau¬ dem Sitzungssaal in die Couloirs flüchtete und sich's sogleich
Lueger mit Ueberzeugung
spielertum (das zum guten Redner unentbehrlich zu sein scheint, hat
inmitten „seiner Juden" (wie oft sagte er da mit einem halb¬
Gange trug man sich
in Karl Lueger gesteckt, Wiener Schauspielertum, das vom
wahren Scherz: „Auf meine Juden laß ich nichts kommen!“
war ein Parteifreund
Komischen leicht zum Rührenden und von dort schnell wieder
bequem machte. Angenehm „schmusen" konnte dieser durch und auf dem flachen Lande
zurück ins Gebiet der Witze findet. Lueger redete ganz gut durch verjudete Antisemit am besten mit jüdischen Redakteuren
am besten bewährt. Wenn
hochdeutsch, mit nur leise wienerischer Grundfarbe, um so
Es steckte natürlich auch in dieser Zuneigung ein bisserl von Wetzleinsdorf zutrat
wirkungsvoller war es dann, wenn er aus dieser leidlich
wienerische Falschheit, aber doch noch mehr Echtheit. Wenn ihm
so hatte er einen festen
eleganten Sprache plötzlich in „tiafere Töne fiel. Da ver
im Privatleben ein Jude ernst kommen und ihm seine Juden¬
allerdings schon am näch
schmähte er eine kleine Anleihe bei Guschelbauer und Wiesberg
feindschaft vorhalten wollte, so war Lueger förmlich gekränkt.
Neugeworbenen. So ist es
nicht, wie denn überhaupt Coupletrefrains so ziemlich die
Politik und Menschlichkeit hat er immer als zwei streng getrennte
ergangen, der am Abend in
einzigen Zitate waren, die er anbrachte. Eine gewisse Grazie Gebiete angesehen. Zu seiner Erholung (zum Beispiel in Karls¬
hatte und am anderen Tag
hat den Redner Lueger nie verlassen. So ist es charakteristisch
bad) liebte er direkt den Umgang mit Juden und Jüdinnen, widerrufen hat. Zur Gemüt
für seinen guten Geschmack, daß er, der doch Hunderte von Sogar der galizische Jude war ihm eigentlich gar nicht un¬
hörten auch die goldenen
Reden gegen die Inden gehalten hat, auf der Tribüne niemals
sympathisch, man weiß, daß Lueger sogar für sehr östlich gelegene
gewissenhaft mitmachte, die
höhnisch gejüdelt hat. Ein Trick, auf den selbst seinere Redner Bethäuser Geld gespendet hat. Es ist übrigens auch noch
auch in befreundeten, eben
wie Herr Pattai nicht immer ganz verzichtet haben. Den erinnerlich, wie er sich seinerzeit entschuldigte, als er öffentlich zu es Krankheit hinderte, die