VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 179

13. Miscellan
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„Na, denn los. Wir kö=
auf geradezu unglaubliche, für uns direkt unverständliche Art und
„Das denke ich auch.
Hermann Bahr über Paul Schlenther.
Weise herauszufordern. Besonders die Wallensteingeschicht¬
ihr wird eingeseist.
Was war damit
Ein Interview.
on rund
Er läßt den Prolog in einem Zimmer sprechen. Dieses Zimmer
Nachdruck verboten.
sieht er nicht aus wie
— wie er den Herren der „Neuen Freien Presse“, des „Fremden¬
Ah, qu'elle est belle — Roxane
blattes“ und des „Vaterlandes" gesagt haben soll mir sagten es worden ist?" fragt sie da¬
„Na, wie geht's denn dem lieben Burgtheater?" fragte ich Her¬
kraut ihm in den Haaren.
wenigstens die Herren, das Schillerzimmer in Marbach. Natürlich
mann Bahr, der eben an seiner Toilette war
Ich verstehe diese Anspiel
schrieben dies auch die drei genannten Blätter. Darauf
Pahr wird ernst. So schlecht wie nie. Vor acht Jahren lernte
„Hören Sie mal, Neu¬
veröffentlicht Schlenther: „So etwas könnte nur in dem
ich Schlenther kennen und betete ihn an, weil er uns Junge unter¬
Journalist und könnten viel
Hirn eine Reporters entstanden sein.“ Nun müssen Sie
stützte. Ich war auch mit Burkhardt innig befreundet und
wenn Sie die Journalistik
bedenken, daß die Wiener Journalistik — anders als die Berliner
bin es noch. Als ich dann von Schlenthers Intriguen
Das eingeseifte Gesicht
solidarisch denkt. Wird ein Reporter angegriffen, gilt das genau so
erfuhr reichte ich
bin ich verheirathet, und mi
viel, wie wenn ein Chefredakteur oder Feuilletonist angegriffen würde.
ihn schon nicht mehr so. Da kam Burkhardt zu mir und bat
ich einstweilen nur mit der
mich, Schlenther zu unterstützen, denn er sei der einzige Mann in Das ist bei uns gleich. Wir sind alle Eines: Leute der Feder
Frau Bahr pfuit schon
Die Empörung in Wien ist grenzenlos, sage ich Ihnen. Ich schreibe
Europa, das Burgtheater vollendet zu leiten. Das haben wir Alle
„Bubi ist fertig rasirt
ja keine Kritiken mehr, sondern Burkhardt schreibt sie für mich. Seit
geglaubt, und glauben jetzt noch. Aber trotzdem hat er uns ent¬
becken. Wieder ans Tages
vier Tagen thue ich nichts anderes — ob Sie mir glauben oder nicht
täuscht seinem halben Jahr versteht ihn kein Mensch mehr
Handtücher über den Kopf
als die Gemüther über Schlenther beruhigen. Denn es kann das
tes erwartete von ihm, daß er aus dem Burgtheater eine große
furioso das theure Haupt.
nur eine Verirrung sein, und ich glaube noch an Schlenther.
oberne Bühne machen würde. Denn erstens ist er der große
Ich kann nicht umhin
„Und was sagen Sie zu unserer literarischen Richtung jetzt?“
moderne Mensch, und zweitens wenn nicht modern, so doch der
kann Ihnen aber den Kopf
Sie geht zum Romantischen zurück. Der Höhepunkt des Natura
literarische Mensch durch und durch. Und was geschieht? Er schmeißt
„Kann sie auch ruft ein
unsere größte moderne Künstlerin, die Sandrock, hinen Lofte Witt lismus ist vorbei. Wir müssen etwas Neues haben. Sagen Sie
hervor. Ihre ganzen Bewe¬
was Sie wollen, ich halte den „Eroberer“ von Halbe, wenn auch nich
lan gestern noch zu mir und hat mir erklärt, ehe sie an der Burg
bestätigte es auch. Er me
für ein reines Kunstwerk, so doch für ein Stück, das uns die neue
bliebe, gehe sie lieber nach Linz, Znaim oder Flau. Ich beschwer
einen schöneren Nacken."
Bahn eröffnet, die wir Alle gehen werden. Wir müssen zum Stil
sie zu bleiben, doch sie antwortete mir, er Schlenther behandelt sie
Ich bedauerte, darüber
zurückkehren, der die großen Sachen der Menschheit behandelt.
ganz unter der Mann das könne sie sich nicht bieten lassen. Das ist
Frau nicht urtheilen zu kön¬
„Weshalb fiel dann „Cyrano in Wien so durch
das Erste, was ich nicht verstehe. Das Zweite ist das Unfaßbare,
Während er nun frist
„Cyrano ist ein Stück für Wien wie geschaffen, und mit Kainz
daß er Stücke wie „Die Vielgeprüften" von Meyer an der Burg
Prandy, eine Virginier un
würde es kolossale Wiederholungen erfahren. Aber die Wiener Auf¬
aufführt, ein Stuck, das weder das Josefstädter Theater
863, absolvirte ich das
führung ist hundemiserabel. Hartmann ist elend, während Herr
noch das Jantschtheater aufgeführt hätte. Speidel schrieb: Es giebt
Wien, Czernowitz und
Thimig, Frau Reinhold, Herr Devrient Karikaturen ihrer Rollen
Wiener Vorstadttheater, das die Frechheit gehabt hätte es auf
hatte, den ich heute
waren, wie sie keine Provinzbühne bietet. Selbst in einer nur mittel
führen. Wirklich Sehen Sie, ich schätze Schlenther wirklich un¬
heute noch nicht
mäßigen Aufführung könnte das Stück oft und oft gehen.
gemein, aber das kann man eben nicht verstehen."
Rationalökonomie. Mein
„Weit halten Sie für unseren bedeutendsten deutschen Dichter
Ja, sagen Sie mir, woran liegt denn das?“
sei der „Deutschen Zei¬
„Sudermann ohne Frage, insbesondere im „Johannes, den ich
„Die Wiener erheben zwei Einwände: 1. Schlenther sei eben nur
Person, bis ich 189
noch nie aufgeführt sah. Aber beim Lesen des Werkes überkam es
Schriftsteller. Daraus kann ich nur sagen. Schaut auch den Bukovics
el excologi¬
sich so gewaltig, wie bei Tragödien von Otto Ludwig und Hebbel.
der ist auch nur Schriftstellen welche glänzendes Theater hat er
heaterlebens kennen gele¬
von der Wiener Schule ist Hugo v. Hofmannsthal ein würklich
ter gemacht jetzt das erste Theater Wiens) Der
aus dem Volk
Menschen", flog an der Be¬
großer Dichter, während Schnitzler und ich in ganz nette Theater
and lautet: Schlenther ist Norddeutscher. Darauf kann ich
Jahre 1891 das zweite,
schen und
sagen: Schaut Euch Gettle an Der ist aus Elberfeld, und wie
denfalls durch. Dann kan
Nun ergriff sie, Frau Bahr, das Wort: „Ja, und zum Theater
send hat er das Raimund=Theater seit 1 Jahren gestaltet.
Das Tschapel
menschen habe nur ich ihn gemacht, und ich habe ihn veranlaßt,
beide Einwände sind nicht stichhaltig.
Josephine am Volksthe
tücke zu schreiben.
ja, warum gehts also nicht?
og ich mit „Der Star¬
, ein großes Verdienst hab' ich mir um die dramatisch¬
Wenn Sie die ganz persönliche Meinung eines Menschen
Athlet, ist auch schon
Kunst erworben, nämlich daß ich meine Frau von Bühnen
hören wollen, der den Schlenther sehr gern hat, so liegt es glaub¬
er war auch fertig, ich
genommen habe. Ein zweiter Laube, hab' ich die deutsche Bühnen
ich daran, daß er die Berliner Ansicht hat, man könne den Wienern
Rose Joel befreit.
vorsetzen, was man will, die Wiener seien nicht ernst zu nehmen.
Der Friseur erschien.
er hat die Proph
Eine andere psychologische Erklärung sind ich nicht. — So war es bis
Bubi, Du mußt Dich jetzt rasiren lassen!“
vor ein paar Wochen. Seit einigen Wochen nun beginnt er die Presse