VII, Verschiedenes 13, undatiert, Seite 180

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auf geradezu unglaubliche, für uns direkt unverständliche Art und
sul Schlenther.
Weise herauszufordern. Besonders die Wallensteingeschichte
Was war damit
„Er läßt den Prolog in einem Zimmer sprechen. Dieses Zimmer
(Nachdruck verboten.
sei — wie er den Herren der „Neuen Freien Presse“, des „Fremden¬
blattes“ und des „Vaterlandes" gesagt haben soll mir sagten es
rgtheater?" fragte ich Her¬
wenigstens die Herren, das Schillerzimmer in Marbach. Natürlich
Darau
schrieben dies auch die drei genannten Blätter.
Vor acht Jahren lernte
weil er uns Junge unter veröffentlich Schlenther: „So etwas könnte nur in dem
Hirn eine Reporters entstanden sein.“ Nun müssen Sie
innig befreundet und
bedenken, daß die Wiener Journalistik — anders als die Berliner
Schlenthers utriquen
solidarisch denkt. Wird ein Reporter angegriffen, gilt das genau so
ren nicht
viel, wie wenn ein Chefredakteur oder Feuilletonist angegriffen würde.
hardt zu mir und bat
sei der einzige Mann in Das ist bei uns gleich. Wir sind alle Eines: Leute der Feder
Die Empörung in Wien ist grenzenlos, sage ich Ihnen. Ich schreibe
zeiten. Das haben wir Alle
ja keine Kritiken mehr, sondern Burkhardt schreibt sie für mich. Seit
er trotzdem hat er uns ent¬
vier Tagen thue ich nichts anderes — ob Sie mir glauben oder nicht
scht ihn kein Mensch mehr
als die Gemüther über Schlenther beruhigen. Denn es kann das
m Burgtheater eine große
nur eine Verirrung sein, und ich glaube noch an Schlenther.
erstens ist er der große,
„Und was sagen Sie zu unserer literarischen Richtung jetzt?
sicht modern, so doch der
Sie geht zum Romantischen zurück. Der Höhepunkt des Natura
was geschieht? Er schmeist
andre, hienolle Wittismus ist vorbei. Wir müssen etwas Neues haben. Sagen Sie
was Sie wollen, ich halte den „Eroberer“ von Halbe, wenn auch nicht
lart, ehe sie an der Burg
für ein reines Kunstwerk, so doch für ein Stück, das uns die neue
oder Jglau, Ich beschwer
Bahn eröffnet, die wir Alle gehen werden. Wir müssen zum est
ter Schlember behandelt sie
zurückkehren, der die großen Sachen der Menschheit behandelt.
nicht bieten lassen. Das ist
weite ist das Unfaßbare
„Weshalb fiel dann „Cyrano in Wien so durch
von Meyer an der Burg
„Cyrano ist ein Stück für Wien wie geschaffen, und mit Kainz
das Josefstädter Theater
würde es kolossale Wiederholungen erfahren. Aber die Wiener Auf¬
Speidel schrieb: Es giebt
führung ist hundemiserabel. Hartmann ist elend, während Herr
hheit gehabt hätte es auf¬
Thimig, Frau Reinhold, Herr Devrient Karikaturen ihrer Rollen
waren, wie sie keine Provinzbühne bietet. Selbst in einer nur mittel
te Schlenther wirklich un¬
verstehen.
mäßigen Aufführung könnte das Stück oft und oft gehen.
das
Wen halten Sie für unseren bedeutendsten deutschen Dichter?
„Sudermann ohne Frage, insbesondere im „Johannes, den ich
Schlenther sei eben nur
noch nie aufgeführt sah. Aber beim Lesen des Werkes überkam es
Schaut Euch den Bukovics
ich so gewaltig, wie bei Tragödien von Otto Ludwig und Hebbel
glänzendes Theater hat er
ste Theater Wiens. Der
von der Wiener Schule ist Hugo v. Hoffmannsthal. würklich
deutscher. Darauf kann ich
großer Dichter, während Schnitzler und ich ja kannette Theater¬
ist aus Elberfeld, und wie
schen und
Nun ergriffe, Frau Bahr, das Wort: „Ja, und zum Theater¬
seit 1 Jahren gestaltet.
menschen habe nur ich ihn gemacht, und ich habe ihn veranlaßt,
tücke zu schreiben.
Meinung eines Menschen
f, ein großes Verdienst hab' ich mir um die dramatisch¬
hat, so liegt es glaube
Kunst erworben, nämlich daß ich meine Frau von der Bühne na
t, man könne den Wienern
genommen hat. Ein zweiter Laube, hab' ich die deutsche Bühne
in nicht ernst zu nehmen. Rose Joel besen.
ich nicht. Es war es bis
Der Friseur erschien.
„Bubi, Tu must Dich jetzt rasiren lassen!"
nun beginnt er die Presse
„Na, denn los. Wir können ja trotzdem reden."
„Das denke ich auch
Bahr wird eingestift. Ziemlich viel Seife. Sein Gesicht ist ganz
on rund
sieht er nicht aus wie ein verunglückter Tenor, der Kellner ge¬
worden ist?" fragt sie lachend — sie lacht nämlich bildschön — und
kraut ihm in den Haaren.
Ich verstehe diese Anspielung auf Mierzwinsky nicht und frage weiter:
„Hören Sie mal, Neumann-Hofer meint, Sie seien der glänzendste
Journalist und könnten viel mehr auf dramatischem Gebiete leisten
wenn Sie die Journalistik an den Nagel hängen würden. Han
Das eingeseifte Gesicht lächelt gutmüthig: „Recht hat er, aber leider
bin ich verheirathet, und meine Frau kostet viel Geld; und das kann
ich einstweilen nur mit der Journalistik beschaffen.
Frau Bahr furt schon wieder.
„Bubi ist fertig rasirt und sein Kopf taucht in ein riesiges Wasch¬
becken. Wieder ans Tageslicht kommend, wirft ihm seine Frau zwei
handtücher über den Kopf und trocknet ihm im Tempo eines Allegro
furioso das theure Haupt.
Ich kann nicht umhin zu bemerken: „Donnerwetter. Ihre Fra¬
kann Ihnen aber den Kopf famos waschen.
Kann sie auch," ruft eine halberstickte Stimme unter dem Handtun
hervor. Ihre ganzen Bewegungen haben etwas Reisenhofersches."
bestätigte es auch. Er meinte darauf: „Ja, nur hat die Reisenhofe
einen schöneren Nacken.
Ich bedauerte, darüber bei dem hochgeschlossenen Kleid der gnädige
Frau nicht urtheilen zu können.
Während er nun frisirt wird, bekomme ich noch einen Sherr¬
Brandy, eine Virginier und die Schlußdaten: „Geboren am 19. Juli
1863, absolvirte ich das Gymnasium und die Universität in Graz
Wien, Czernowitz und Berlin, wo ich Seminar bei Wagn
hatte, den ich heute noch verehre, und bei Schmoller,
heute noch nicht ausstehen kann. Philoso¬
Nationalökonomie. Meine erste Stellung hatte ich 1892
sei der „Deutschen Zeitung", wo ich alles war in ein
Person, bis ich 1894 Die Zeit gründete. 1895 habe ich
vel occolo — geheirathet, wodurch ich die ganze Misere
heaterlebens kennen gelernt habe. Mein erstes Stück. Die
Menschen", flog an der Berliner Deutschen Bühne im Jahre 1
Jahre 1891 das zweite, „Die häßliche Frau, am Lessing=
denfalls durch. Dann kam „Die Mutter", mein beste Stück. Das
Das Tschapel 1895 im Carl-Theater und Lessinger,
Josephine am Volkstheater mit großem Kassenerfolg — und
ich mit „Der Stat am Lessing=Theater durch. Ein neu¬
Athlet, ist auch schon fertig.“ —
war auch fertig, ich auch fertig, daher ging ich¬
Mey
et die Prophetengabe Bahrs Schiffbruch gelitten,
ein schöner Er¬