13. Miscellaneous
bo 44/10
Nachdruck verboten.
ist aber unwirthschaftlich, Luxus, und der Künstler muß überhaupt das Aufkommen des Besseren zu ersticken. Die
sich unabhängig ausleben können: wer bietet ihm diese
„Concurrenz“, dies Losungswort der Industrie, läuft sich
selte Kunst.
ökonomische Grundlage, seit die Zeit der Mäcene, der
auf geistigen Gebieten den Rang ab, wer nach unten
Karl Beibtreu.
fürstlichen Unterstützung, vorüber: Durch Gründung von
hin an Feigheit und Dummheit den anderen überbietet.
Akademien und Stiftung von Preisen ruinirt man nur
II. *)
Billigkeit heißt die Losung und Schleuderware ist Trumpf.
die Kunstentwicklung, degradirt die freien Schöpfer zu
Zuguterletzt sind die Familienblätter und Theater dazu
als „capitalistisches Object" wird
Beamten und Professoren. Fast nie trifft ein staatlich da, um als Präventivmaßregel zu dienen, damit über¬
von Verlegern, Theaterdirectoren
patentirter Preis den Würdigen, fast nie geht aus Aka¬
haupt nichts Vornehmes mehr an die Oeffentlichkeit tritt.
icirt; nicht der Urheber, sondern
demien ein origineller Selbstschöpfer hervor. Wenn man
Ganz treffend drückt Berg den Finger auf die Wunde:
„Abonnementsbetrag und In¬
sich täglich vor der Kunst blamirt, darf man sie nicht „Das Publicum, so schlecht es ist, ist noch immer nicht
die Seele von der Literatur.
fördern wollen. Bildhauer, Maler und Theaterdilettanten
so schlecht, wie die Kunsthändler es haben wollen. Erst
das freie Wort ärger als im ver¬
als Leibgarde der Hohenzollern, das ist die neueste Ent¬
drücken sie es planmäßig herunter und dann sagen sie:
„Welches von den Werken un¬
deckung. Ach ja, der böse Clericalismus mag schmunzelnd
Zu hoch für unser Publicum!" Ja wahrlich, wenn die
er bis Hebbel, würde heute einen
das Geständniß Bergs entgegennehmen: „Das Mittel¬
Gipfel der Menschheit warten sollten, bis derlei Gewürm
wäre aus Goethe geworden, wenn
alter hatte noch ein besonders wohlthätiges Institut für
zu ihnen hinaufkriecht, nie hätte es je, besonders in Deutsch¬
pesen wäre, daß moderne Re¬
die Ausscheidung aus socialer Gemeinschaft, das Kloster.
land nicht, eine Kunst gegeben. Und dazu noch diese freche
aufnehmen? Was aus Schiller,
Hier war auch der Künstler der Noth und Sorge ent¬
Scheinheiligkeit! Der Zeitungsverleger verkauft sich und
en hätte einreichen müssen? Was
hoben, hier blühten Künste und Wissenschaften in einer
treibt im Inseratentheil die schamloseste Unzucht, aber
perg gegen den Hungertod und
Zeit, als noch ganz Europa ein Barbarenland war." Die
vorn hat er moralische „liberale“ Leitartikel als Firma¬
die heute dem Dichter droht?"
Abhängigkeit der Literatur von Fürsten oder, wie be¬
schild. Das ist die heutige Literatur: ein concessionirtes
gottlob vom Aufkläricht über¬
sonders in England, einer gebildeten Aristokratie schadete Bordell. Die Presse sollte als Waffe des Schriftstellers
noch Fürsten, Bischöfe, ein vor¬
ihr nichts; die wahre Unfreiheit herrscht erst in unserer
gegen die Weltungerechtigkeit dienen, doch der Pfeil prallte
unst beschützten, da arbeitete man,
Aera der Bourgeoisie, wo sie wie ein Handelsproduct dem
auf den Schützen zurück: heute beeinflußt nicht der un¬
keit genug zu thun; heute schafft
Marktgesetz von Angebot und Nachfrage unterliegt.
abhängige Schriftsteller die öffentliche Meinung, sondern
bie dem Erfolg fröhnen, für die
Handelsartikel kann man aber nur quantitativ ein¬
diese öffentliche Meinung der Vielzuvielen, der öden
rliche Goethe=Bund, der laut
schätzen
also nicht die Schönheit einer Zeile, sondern
Masse, ward heute zur Presse, obendrein durch gefälschte
ruck „seine innere Verlogenheit
pro Zeile wird bezahlt, nicht das Werk, sondern das
Zusätze des hinter den Coulissen die Marionetten drehen¬
der Stirne trug, wollte höchstens
damit zu machende Geschäft. Was Wunder, daß die
den Capitalismus noch mehr verdummt. Der Socialis¬
te tauschen. Denn die „liberalen
Krämerlogik daraus folgert: Keinen Kunstwerth hat, was
mus, der auch von Befreiung der Kunst schwatzt, würde sie
und Kunst wollen gleichfalls nur
sich nicht auf dem Markt bezahlt macht! Das Kunst¬
ja erst recht an das Votum der Banausen ausliefern,
dienen, um Geschäfte zu machen.
product läuft durch die schmierigen Pfoten der Zwischen¬
aber die Kunst, das vonehmste Ding auf Erden, will von
ehlt es ohnehin an Raum. „Die
händler
Agenten, die als Kuppler das Talent ver¬
Gleichmacherei der Geschmacker nichts wissen, jeder echte
den das Theater sprengen, folg¬
schachern
— und wird so durch den Geschmack solches
Geistesfürst fühlt als Aristokrat. Schon die Classificirung
d. h. verstümmelt sie. Die Re¬
Gesindels, das noch unter dem Durchschnittspöbel steht als „Arbeit“ und „Beruf entheiligt das ideale Schaffen.
Beiträge nach Zeilen und Silben
und nur auf schlechte Instincte speculirt, noch tiefer herab¬
Die Berufszünftelei paßt für praktische oder „gelehrte
Bedarf zurecht.“ Die wahre Kunst
gewürdigt. Da die inhaltlose Schmiererei sich immer besser Leute, die ihr Fach als Brotstudium betreiben und die
der „Deutschen Zeitung" Nr. 10594
bezahlt macht, so liegt den Kunsteunuchen die Aufgabe ob,
noch allzeit in allem Neuen und Ungewohnten „Dilet¬
3
bo 44/10
Nachdruck verboten.
ist aber unwirthschaftlich, Luxus, und der Künstler muß überhaupt das Aufkommen des Besseren zu ersticken. Die
sich unabhängig ausleben können: wer bietet ihm diese
„Concurrenz“, dies Losungswort der Industrie, läuft sich
selte Kunst.
ökonomische Grundlage, seit die Zeit der Mäcene, der
auf geistigen Gebieten den Rang ab, wer nach unten
Karl Beibtreu.
fürstlichen Unterstützung, vorüber: Durch Gründung von
hin an Feigheit und Dummheit den anderen überbietet.
Akademien und Stiftung von Preisen ruinirt man nur
II. *)
Billigkeit heißt die Losung und Schleuderware ist Trumpf.
die Kunstentwicklung, degradirt die freien Schöpfer zu
Zuguterletzt sind die Familienblätter und Theater dazu
als „capitalistisches Object" wird
Beamten und Professoren. Fast nie trifft ein staatlich da, um als Präventivmaßregel zu dienen, damit über¬
von Verlegern, Theaterdirectoren
patentirter Preis den Würdigen, fast nie geht aus Aka¬
haupt nichts Vornehmes mehr an die Oeffentlichkeit tritt.
icirt; nicht der Urheber, sondern
demien ein origineller Selbstschöpfer hervor. Wenn man
Ganz treffend drückt Berg den Finger auf die Wunde:
„Abonnementsbetrag und In¬
sich täglich vor der Kunst blamirt, darf man sie nicht „Das Publicum, so schlecht es ist, ist noch immer nicht
die Seele von der Literatur.
fördern wollen. Bildhauer, Maler und Theaterdilettanten
so schlecht, wie die Kunsthändler es haben wollen. Erst
das freie Wort ärger als im ver¬
als Leibgarde der Hohenzollern, das ist die neueste Ent¬
drücken sie es planmäßig herunter und dann sagen sie:
„Welches von den Werken un¬
deckung. Ach ja, der böse Clericalismus mag schmunzelnd
Zu hoch für unser Publicum!" Ja wahrlich, wenn die
er bis Hebbel, würde heute einen
das Geständniß Bergs entgegennehmen: „Das Mittel¬
Gipfel der Menschheit warten sollten, bis derlei Gewürm
wäre aus Goethe geworden, wenn
alter hatte noch ein besonders wohlthätiges Institut für
zu ihnen hinaufkriecht, nie hätte es je, besonders in Deutsch¬
pesen wäre, daß moderne Re¬
die Ausscheidung aus socialer Gemeinschaft, das Kloster.
land nicht, eine Kunst gegeben. Und dazu noch diese freche
aufnehmen? Was aus Schiller,
Hier war auch der Künstler der Noth und Sorge ent¬
Scheinheiligkeit! Der Zeitungsverleger verkauft sich und
en hätte einreichen müssen? Was
hoben, hier blühten Künste und Wissenschaften in einer
treibt im Inseratentheil die schamloseste Unzucht, aber
perg gegen den Hungertod und
Zeit, als noch ganz Europa ein Barbarenland war." Die
vorn hat er moralische „liberale“ Leitartikel als Firma¬
die heute dem Dichter droht?"
Abhängigkeit der Literatur von Fürsten oder, wie be¬
schild. Das ist die heutige Literatur: ein concessionirtes
gottlob vom Aufkläricht über¬
sonders in England, einer gebildeten Aristokratie schadete Bordell. Die Presse sollte als Waffe des Schriftstellers
noch Fürsten, Bischöfe, ein vor¬
ihr nichts; die wahre Unfreiheit herrscht erst in unserer
gegen die Weltungerechtigkeit dienen, doch der Pfeil prallte
unst beschützten, da arbeitete man,
Aera der Bourgeoisie, wo sie wie ein Handelsproduct dem
auf den Schützen zurück: heute beeinflußt nicht der un¬
keit genug zu thun; heute schafft
Marktgesetz von Angebot und Nachfrage unterliegt.
abhängige Schriftsteller die öffentliche Meinung, sondern
bie dem Erfolg fröhnen, für die
Handelsartikel kann man aber nur quantitativ ein¬
diese öffentliche Meinung der Vielzuvielen, der öden
rliche Goethe=Bund, der laut
schätzen
also nicht die Schönheit einer Zeile, sondern
Masse, ward heute zur Presse, obendrein durch gefälschte
ruck „seine innere Verlogenheit
pro Zeile wird bezahlt, nicht das Werk, sondern das
Zusätze des hinter den Coulissen die Marionetten drehen¬
der Stirne trug, wollte höchstens
damit zu machende Geschäft. Was Wunder, daß die
den Capitalismus noch mehr verdummt. Der Socialis¬
te tauschen. Denn die „liberalen
Krämerlogik daraus folgert: Keinen Kunstwerth hat, was
mus, der auch von Befreiung der Kunst schwatzt, würde sie
und Kunst wollen gleichfalls nur
sich nicht auf dem Markt bezahlt macht! Das Kunst¬
ja erst recht an das Votum der Banausen ausliefern,
dienen, um Geschäfte zu machen.
product läuft durch die schmierigen Pfoten der Zwischen¬
aber die Kunst, das vonehmste Ding auf Erden, will von
ehlt es ohnehin an Raum. „Die
händler
Agenten, die als Kuppler das Talent ver¬
Gleichmacherei der Geschmacker nichts wissen, jeder echte
den das Theater sprengen, folg¬
schachern
— und wird so durch den Geschmack solches
Geistesfürst fühlt als Aristokrat. Schon die Classificirung
d. h. verstümmelt sie. Die Re¬
Gesindels, das noch unter dem Durchschnittspöbel steht als „Arbeit“ und „Beruf entheiligt das ideale Schaffen.
Beiträge nach Zeilen und Silben
und nur auf schlechte Instincte speculirt, noch tiefer herab¬
Die Berufszünftelei paßt für praktische oder „gelehrte
Bedarf zurecht.“ Die wahre Kunst
gewürdigt. Da die inhaltlose Schmiererei sich immer besser Leute, die ihr Fach als Brotstudium betreiben und die
der „Deutschen Zeitung" Nr. 10594
bezahlt macht, so liegt den Kunsteunuchen die Aufgabe ob,
noch allzeit in allem Neuen und Ungewohnten „Dilet¬
3