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Kaffeehaus, das der Kaffeesieder Neuner im
Jahre 1820 an der Ecke der Plankengasse
und des Neuen Marktes eröffnete. Es war
mit einem für damalige Zeit unerhörten
Luxus ausgestattet. Die Kaffeetassen und die
Kleiderhaken waren versilbert, der Kaffee
wurde in schönen Porzellanschalen serviert,
an den Wänden befanden sich hohe Spiegel
und Ständer mit Pfeifenrohren, sogar ein
gutes Billard gab es. Dieses Kaffeehaus
hatte zahlreiche berühmte Gäste aufzuweisen.
So Nikolaus Lenau, Franz Grill¬
parzer, Anastasius Grün, Adalbert
Johann Nepomuk Vogel,
Stifter,
Holte, Schreyvogel,
Bäuerle,
Deinhardstein und die Walzerkönige
Johann Strauß Vater und Josef
Lanner. Der Volksdichter Anton Lan¬
ger hat sogar einen Roman geschrieben, be¬
titelt: „Die Kassierin vom Silbernen Kaffee¬
haus." Karoline Pichler erwähnt in ihren
Denkwürdigkeiten, daß Lenau, der schwer¬
mütige Ungar, unausgesetzt aus seiner langen
Tonpfeife qualmend, in einer stillen Ecke
des Silbernen Kaffeehauses so manches
seiner unsterblichen Gedichte mit der Blei¬
feder niedergeschrieben hat.
Im Jahre 1847 wurde an der Ecke der
Herren= und der Schauflergasse das nachmals
berühmt gewordene Café Griensteidl eröffnet,
das von Kundigen boshaft „Café Großen¬
wahn“ genannt wurde. Da sich das alte Burg¬
theater in unmittelbarer Nähe befand, fügte es
sich von selbst, daß sich dessen Schauspieler
Ausschnitt aus:
regelmäßig im „Griensteidl“ einfanden, um
er es, die
dort zu fachsimpeln, zu plaudern und zu in¬
trigieren. Ihnen schlossen sich die Literaten
und die Publizisten an und bildeten Stamm¬
tischrunden. In den Neunzigerjahren wurde
3. SEP.
vom
das Griensteidl, mit Hermann Bahr, Artur
Schnitzler und dem blutungen Vor¬
(Hugo von Hofmannsthal) an der Spitze.
der Sammelpunkt einer neuen Dichtergenera¬
tion. Ein Original war der wohlbeleibte
Heinrich, der literaturkundige Ober.
Die Gründerjahre brachten mit der Ein¬
führung des Gaslichtes, der elektrischen Be¬
s
en
leuchtung und der Hochquellen-Wasserleitung
einen neuen Aufschwung der Wiener Kaffee¬
häuser, die in der ganzen Welt, sogar in
Zweihundertfünfzig Jahre Wiener Kaffeehaus
Amerika, nachgeahmt wurden, deren Vorbild
aber nirgends erreicht wurde. Unter den un¬
Das Jahr 1933 bringt im Gefolge der städten Österreichs die ersten Kaffeehäuser.
gefähr 800 Kaffeehäusern, die es, die Volks¬
Türkenbelagerungsfeier auch das Jubiläum Berlin, Frankfurt a. M., Paris und Madrit
kaffeehäuser nicht eingerechnet, heute in Wien
einer sehr geschätzten und populären Wiener
folgten. Besonders in Paris begann das
gibt, sind die verschiedensten Typen vertreten.
Institution: das Wiener Kaffeehaus feiert Kaffeehaus zur Zeit der Revolution eine große
Nebst literarischen Kaffeehäusern, die auch
das zweihundertfünfzigste Jahr seines Be= Rolle zu spielen. Die berühmten Cafés For
haben wir Schach,
Corazza, Chrétien und andere waren der Zu- heute nicht fehlen,
standes. Denn der urkundlich nachgewiesene
sammenkunftsort der Jakobiner und Giron=Billard= und Kartenspielkaffeehäuser, Turf¬
erste Kaffeschank Wiens (mit Ausnahme der
und Sportlerheime, stille Lese= und flotte
türkischen Länder) ganz Europas wurde von
disten. Im Café Foy hielt Camille Desmou¬
Witwenkaffeehäuser. Alle diese Lokale haben
dem kühnen polnischen Kundschafter Georg
lins seine Brandreden gegen die Aristokraten
Im Café Corazza war ein finster blickender gemeinsam die köstliche Melange, das
Franz Kolschitzky gegründet, der bekannt¬
Offizier Stammgast, ein Korse namens Napo-knusprige Gebäck, die Stöße Zeitungen aus
lich an der Befreiung Wiens einen wichtigen
aller Welt, die aufmerksamen, menschenkundi¬
leon Buonaparte.
Anteil nahm. Zur Belohnung für seine klugen
gen Kellner, kurz jene Atmosphäre der Be¬
und unerschrockenen Dienste bekam er von
Von Paris aus scheint die Sitte, eine groß
Zahl Zeitungen aufzulegen, nach Wien ge¬ quemlichkeit und Behaglichkeit, die auf der
den Stadtvätern ein Haus in der Haidgasse
kommen zu sein. Im Café Kramer, Ecke der ganzen Welt nicht ihresgleichen findet und
geschenkt, und die Heeresverwaltung überließ
dem Wiener Kaffeehaus zu seinem einzig¬
ihm unentgeltlich eine große Anzahl Säcke,
Goldschmiedgasse und des Schlossergäßchens
artigen internationalen Ruf verholfen hat.
deren Inhalt aus merkwürdigen grünen das als Wahrzeichen vor dem Eingang eine
Max Frankenstein.
Bohnen bestand. Es war ungebrannter mannshohe bronzene Negerfigur hatte, wurde
Kaffee, ein damals außerhalb der Türkei ganz
der Anfang gemacht. Der war bescheiden ge¬
unbekanntes Genußmittel, Kolschitzky wußte
nug, denn außer dem Wiener Diarium und
sehr wohl von seinen Spähergängen im türki= einigen Münchner und Berliner Zeitungen
gab es damals keine Tageszeitungen. Der
schen Zeltlager, wie man dieses köstlich duf¬
tende orientalische Getränk zubereitete. Nach=Nachrichtendienst war schwerfällig genug, denn
er beruhte auf der mit der Postkutsche beför¬
dem er zuerst vergeblich versucht hatte, mit
den Bohnen, die niemand kaufen wollte, Handerten Briefpost. Nichtsdestoweniger fanden
sich im Café Kramer alle Größen der damali¬
del zu treiben, eröffnete Kolschitzky im kleiner
gen literarischen Welt ein, um Neuigkeiten zu
Bischoffshof, einem Haus in der heutigen
erfahren.
Domgasse, dicht hinter dem Stephansdom,
eine bescheidene Kaffeeschenke.
Sehr beliebt war das Café Stierböck am
Anfang der Jägerzeile (Praterstraße), in dem
Dort brachte er den ersten „Schwarzen“
zunächst noch ungefüßt, zum Ausschank, und Nestroy und andere Schauspieler des Carl¬
Theaters, Komödiendichter und angesehene
zwar in irdenen Töpfchen. Dieses erste
Bürger vom Grund Stammgäste waren.
Kaffeehaus Wiens hatte großen Zulauf, be¬
Nestroy spielte dort jeden Nachmittag seine
sonders als Kolschitzky auf Wunsch seiner
Gäste den Trank zu süßen begann. Nun Tarockpartie, soll aber in diesem Spiel ein
großer „Patzer“ gewesen sein. Im Fähnrichs¬
stellte sich erst der richtige Erfolg ein.
hof in der Singerstraße befand sich vor mehr
kurzer Zeit erwies sich das Lokal als
als hundert Jahren ein verräuchertes
klein und nun mietete Kolschitzky auf
nous
Kaffeehaus, das der Kaffeesieder Neuner im
Jahre 1820 an der Ecke der Plankengasse
und des Neuen Marktes eröffnete. Es war
mit einem für damalige Zeit unerhörten
Luxus ausgestattet. Die Kaffeetassen und die
Kleiderhaken waren versilbert, der Kaffee
wurde in schönen Porzellanschalen serviert,
an den Wänden befanden sich hohe Spiegel
und Ständer mit Pfeifenrohren, sogar ein
gutes Billard gab es. Dieses Kaffeehaus
hatte zahlreiche berühmte Gäste aufzuweisen.
So Nikolaus Lenau, Franz Grill¬
parzer, Anastasius Grün, Adalbert
Johann Nepomuk Vogel,
Stifter,
Holte, Schreyvogel,
Bäuerle,
Deinhardstein und die Walzerkönige
Johann Strauß Vater und Josef
Lanner. Der Volksdichter Anton Lan¬
ger hat sogar einen Roman geschrieben, be¬
titelt: „Die Kassierin vom Silbernen Kaffee¬
haus." Karoline Pichler erwähnt in ihren
Denkwürdigkeiten, daß Lenau, der schwer¬
mütige Ungar, unausgesetzt aus seiner langen
Tonpfeife qualmend, in einer stillen Ecke
des Silbernen Kaffeehauses so manches
seiner unsterblichen Gedichte mit der Blei¬
feder niedergeschrieben hat.
Im Jahre 1847 wurde an der Ecke der
Herren= und der Schauflergasse das nachmals
berühmt gewordene Café Griensteidl eröffnet,
das von Kundigen boshaft „Café Großen¬
wahn“ genannt wurde. Da sich das alte Burg¬
theater in unmittelbarer Nähe befand, fügte es
sich von selbst, daß sich dessen Schauspieler
Ausschnitt aus:
regelmäßig im „Griensteidl“ einfanden, um
er es, die
dort zu fachsimpeln, zu plaudern und zu in¬
trigieren. Ihnen schlossen sich die Literaten
und die Publizisten an und bildeten Stamm¬
tischrunden. In den Neunzigerjahren wurde
3. SEP.
vom
das Griensteidl, mit Hermann Bahr, Artur
Schnitzler und dem blutungen Vor¬
(Hugo von Hofmannsthal) an der Spitze.
der Sammelpunkt einer neuen Dichtergenera¬
tion. Ein Original war der wohlbeleibte
Heinrich, der literaturkundige Ober.
Die Gründerjahre brachten mit der Ein¬
führung des Gaslichtes, der elektrischen Be¬
s
en
leuchtung und der Hochquellen-Wasserleitung
einen neuen Aufschwung der Wiener Kaffee¬
häuser, die in der ganzen Welt, sogar in
Zweihundertfünfzig Jahre Wiener Kaffeehaus
Amerika, nachgeahmt wurden, deren Vorbild
aber nirgends erreicht wurde. Unter den un¬
Das Jahr 1933 bringt im Gefolge der städten Österreichs die ersten Kaffeehäuser.
gefähr 800 Kaffeehäusern, die es, die Volks¬
Türkenbelagerungsfeier auch das Jubiläum Berlin, Frankfurt a. M., Paris und Madrit
kaffeehäuser nicht eingerechnet, heute in Wien
einer sehr geschätzten und populären Wiener
folgten. Besonders in Paris begann das
gibt, sind die verschiedensten Typen vertreten.
Institution: das Wiener Kaffeehaus feiert Kaffeehaus zur Zeit der Revolution eine große
Nebst literarischen Kaffeehäusern, die auch
das zweihundertfünfzigste Jahr seines Be= Rolle zu spielen. Die berühmten Cafés For
haben wir Schach,
Corazza, Chrétien und andere waren der Zu- heute nicht fehlen,
standes. Denn der urkundlich nachgewiesene
sammenkunftsort der Jakobiner und Giron=Billard= und Kartenspielkaffeehäuser, Turf¬
erste Kaffeschank Wiens (mit Ausnahme der
und Sportlerheime, stille Lese= und flotte
türkischen Länder) ganz Europas wurde von
disten. Im Café Foy hielt Camille Desmou¬
Witwenkaffeehäuser. Alle diese Lokale haben
dem kühnen polnischen Kundschafter Georg
lins seine Brandreden gegen die Aristokraten
Im Café Corazza war ein finster blickender gemeinsam die köstliche Melange, das
Franz Kolschitzky gegründet, der bekannt¬
Offizier Stammgast, ein Korse namens Napo-knusprige Gebäck, die Stöße Zeitungen aus
lich an der Befreiung Wiens einen wichtigen
aller Welt, die aufmerksamen, menschenkundi¬
leon Buonaparte.
Anteil nahm. Zur Belohnung für seine klugen
gen Kellner, kurz jene Atmosphäre der Be¬
und unerschrockenen Dienste bekam er von
Von Paris aus scheint die Sitte, eine groß
Zahl Zeitungen aufzulegen, nach Wien ge¬ quemlichkeit und Behaglichkeit, die auf der
den Stadtvätern ein Haus in der Haidgasse
kommen zu sein. Im Café Kramer, Ecke der ganzen Welt nicht ihresgleichen findet und
geschenkt, und die Heeresverwaltung überließ
dem Wiener Kaffeehaus zu seinem einzig¬
ihm unentgeltlich eine große Anzahl Säcke,
Goldschmiedgasse und des Schlossergäßchens
artigen internationalen Ruf verholfen hat.
deren Inhalt aus merkwürdigen grünen das als Wahrzeichen vor dem Eingang eine
Max Frankenstein.
Bohnen bestand. Es war ungebrannter mannshohe bronzene Negerfigur hatte, wurde
Kaffee, ein damals außerhalb der Türkei ganz
der Anfang gemacht. Der war bescheiden ge¬
unbekanntes Genußmittel, Kolschitzky wußte
nug, denn außer dem Wiener Diarium und
sehr wohl von seinen Spähergängen im türki= einigen Münchner und Berliner Zeitungen
gab es damals keine Tageszeitungen. Der
schen Zeltlager, wie man dieses köstlich duf¬
tende orientalische Getränk zubereitete. Nach=Nachrichtendienst war schwerfällig genug, denn
er beruhte auf der mit der Postkutsche beför¬
dem er zuerst vergeblich versucht hatte, mit
den Bohnen, die niemand kaufen wollte, Handerten Briefpost. Nichtsdestoweniger fanden
sich im Café Kramer alle Größen der damali¬
del zu treiben, eröffnete Kolschitzky im kleiner
gen literarischen Welt ein, um Neuigkeiten zu
Bischoffshof, einem Haus in der heutigen
erfahren.
Domgasse, dicht hinter dem Stephansdom,
eine bescheidene Kaffeeschenke.
Sehr beliebt war das Café Stierböck am
Anfang der Jägerzeile (Praterstraße), in dem
Dort brachte er den ersten „Schwarzen“
zunächst noch ungefüßt, zum Ausschank, und Nestroy und andere Schauspieler des Carl¬
Theaters, Komödiendichter und angesehene
zwar in irdenen Töpfchen. Dieses erste
Bürger vom Grund Stammgäste waren.
Kaffeehaus Wiens hatte großen Zulauf, be¬
Nestroy spielte dort jeden Nachmittag seine
sonders als Kolschitzky auf Wunsch seiner
Gäste den Trank zu süßen begann. Nun Tarockpartie, soll aber in diesem Spiel ein
großer „Patzer“ gewesen sein. Im Fähnrichs¬
stellte sich erst der richtige Erfolg ein.
hof in der Singerstraße befand sich vor mehr
kurzer Zeit erwies sich das Lokal als
als hundert Jahren ein verräuchertes
klein und nun mietete Kolschitzky auf