13. Miscellane
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Anhang.
Es liegt die Verpflichtung ob, die Chronik der dramatischen Ereignisse zu
ergänzen. Max Halbe, dem wir für manche gute Stunde danken, hat ein ver¬
fehltes Werk geliefert. Es ist nichts zu verteidigen! Dieser Dichter hat Perioden.
Nervöse Schlaffheit wechselt mit aufwallender Frische. Er hatte diesmal die schlaffe
Periode. Das Stück ist drauflosgedichtet, heruntergeschrieben in Geistesabwesen¬
heit. Halbe's Impulsivität wirft Blumen oder Stroh heraus, ohne Ansehn. Heut
war es Stroh, morgen werden es wieder Blumen sein.
Der Dichter L. Fulda faßte ein Drama „Herostrat" ab. Kein Lustspiel
mit symbolischem Titel, sondern spielt in Ephesus und hat fünf Akte. Es ist -
und mehr sage ich nicht — ein herbes und dämonisches Stück von Ludwig Fulda.
Viel belangvoller als beide Werke ist das „Vermächtnis“ von Arthur Schnitz¬
ler. Das Gesetz der Umwandlung vollzieht sich freilich an diesem Dichter. Wir
werden älter, Freunde. Der Sommer kommt, welcher dem Herbst vorausgeht. Doch
holdseliger gewissermaßen war der Frühling, als welcher dem Sommer vor¬
ausging. Ich bin imstande und mache noch ein Gleichnis. Ich hörte einst die
süße Stimme eines Knaben. Dann bekam er Stimmwechsel. Einst bebte wein
Ohr leise, leise. Jetzt dringen gebrochene Töne heraus; die wehmütig-rauhen
Laute der ersten Männlichkeit. Immerhin der Männlichkeit. Ein schlechter Kerl
will ich sein, wenn ich kein drittes Gleichnis hersetze. Einer hat weiche Lieder
komponiert. Jetzt schickt er sich an, Kontrapunkt zu machen. Weiter sag' ich nichts.
Schnitzler hat einen ersten Akt geschrieben, der Komisches und Tragisches,
die Enthüllung menschlicher Seelen und reflexionsfreies Mitfühlen umspannt. Er
stammt von einem dramatischen Meister. Er weist in die Zukunft.
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Es liegt die Verpflichtung ob, die Chronik der dramatischen Ereignisse zu
ergänzen. Max Halbe, dem wir für manche gute Stunde danken, hat ein ver¬
fehltes Werk geliefert. Es ist nichts zu verteidigen! Dieser Dichter hat Perioden.
Nervöse Schlaffheit wechselt mit aufwallender Frische. Er hatte diesmal die schlaffe
Periode. Das Stück ist drauflosgedichtet, heruntergeschrieben in Geistesabwesen¬
heit. Halbe's Impulsivität wirft Blumen oder Stroh heraus, ohne Ansehn. Heut
war es Stroh, morgen werden es wieder Blumen sein.
Der Dichter L. Fulda faßte ein Drama „Herostrat" ab. Kein Lustspiel
mit symbolischem Titel, sondern spielt in Ephesus und hat fünf Akte. Es ist -
und mehr sage ich nicht — ein herbes und dämonisches Stück von Ludwig Fulda.
Viel belangvoller als beide Werke ist das „Vermächtnis“ von Arthur Schnitz¬
ler. Das Gesetz der Umwandlung vollzieht sich freilich an diesem Dichter. Wir
werden älter, Freunde. Der Sommer kommt, welcher dem Herbst vorausgeht. Doch
holdseliger gewissermaßen war der Frühling, als welcher dem Sommer vor¬
ausging. Ich bin imstande und mache noch ein Gleichnis. Ich hörte einst die
süße Stimme eines Knaben. Dann bekam er Stimmwechsel. Einst bebte wein
Ohr leise, leise. Jetzt dringen gebrochene Töne heraus; die wehmütig-rauhen
Laute der ersten Männlichkeit. Immerhin der Männlichkeit. Ein schlechter Kerl
will ich sein, wenn ich kein drittes Gleichnis hersetze. Einer hat weiche Lieder
komponiert. Jetzt schickt er sich an, Kontrapunkt zu machen. Weiter sag' ich nichts.
Schnitzler hat einen ersten Akt geschrieben, der Komisches und Tragisches,
die Enthüllung menschlicher Seelen und reflexionsfreies Mitfühlen umspannt. Er
stammt von einem dramatischen Meister. Er weist in die Zukunft.