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aber von der alten Gewohnheit kann er nicht
lassen: »er auskultiert noch immer, wenngleich ohne
Hörrohr, er klopft die Menschen im Gespräch sorg
fältig ab, er fühlt ihnen den Puls und er schaut ihnen
in die Augen.« Versteht sich: nur bildlich, und es kommt
dennoch nicht mehr heraus als bei der Ordination.
So ist nämlich das Leben, daß es nicht so ist. Es läßt
sich nicht in allegorische Artigkeiten einfangen,
und hat überhaupt etwas gegen diese Beschäftigung,
deren Schlagwort die Marke aller um Schnitzler
gruppierten Literatur ist. Der Duft und die Farbe, der
Zauber und die musikalische Anmut dieser Stadt läßt
sich zur Not von diesen zarten Schindern einfangen,
das Leben nicht. Dort helfen hundert Assoziationen,
die schon durch hundert Hände gegangen sind, und
ein Hautreiz genügt, um den, der am Grinzinger Bach¬
spazieren geht, zum Dichter zu machen. Der Dichter
vor dem Leben hat leider einen schwereren Stand, und
ihm ist es geradezu überlassen, alles, was noch nicht ist,
zum Dagewesen sein zu steigern. Was haben die Laubsäge¬
arbeiten der Schnitzler und Abschnitzler mit dem Chaos
zu schaffen? Was die Sorgfalt der äußern Form mit
der ordnenden Gewalt des Sprachgeists? Was geht
den guten Geschmack die Kunst an? Der Schöpfer
wird keinen Augenblick nachdenklich würde ers,
es wäre um die Kreatur geschehen. Dem Denker
ziemt es, nicht verstanden zu werden. Aber der
Nachdenkliche wird so gut verstanden, daß er für
den Denker gehalten wird, versteht sich von
jenen, die nicht einmal nachdenklich sind. Es geht
ihm so, wie dem Gutgelaunten, den die Humorlosig¬
keit für einen Humoristen hält. Schnitzlers Melancholien
lassen sich bequem von jenen aufzeigen - auch eine
neue literarische Beschäftigung
die sich nicht
einmal die Sorgen machen können, die ihnen längst vorge¬
macht sind. Kaum einen Festartikel habe ich gelesen,
in dem nicht richtig erkannt war, daß Schnitzler aus
den Bezirken der Erotik ins weite Land gegangen
sei, aus den Problemen des gesellschaftlichen Lebens