13. Miscellaneous
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den Weg ins Freie gefunden habe, hierauf dem
Ruf des Lebens gefolgt sei und den einsamen Weg
beschritten habe, um in den Marionetten zu den
tiefsten Aufschlüssen vom Puppenspiel des Lebens zu
gelangen. Wie es für den Künstler zeugt, daß jeder, der
sich mit ihm befaßt, immer wieder mit seinen Worten
seine Werte zu fassen bekommt, so ist die stereotype
Berufung auf jene allzu schmackhaften Symbole für
ihren Bereiter charakteristisch. Die Schicksalsküche
Ilt andere Genüsse her als Bilderrätsel und
Buchtitel, die jeden ausgewachsenen Anatol nach¬
denklich stimmen, und die Hingabe ans Grenzenlose,
die das Rathausviertel mitmacht, ist mir verdächtig.
Es ist ein Aberglaube, daß der Künstler für das Klische
nicht verantwortlich ist, das mit ihm fertig wird, und
so glaube ich, daß ein Buch, durch welches mit
Stundenglas und Hippe Freund Hein schreitet, vom Ein¬
gang zum Ausgange, nicht zu hoch über dem Niveau lebt,
auf dem solche Vorstellung zustandekommt. Man
hört das Schnitzlersche Problem anklingen, die ewige
tieftraurige Frage des Dichters überhaupt, aber solcher
Frage ist solches Ohr nicht unerreichbar. Die Zu¬
sammenhänge des Schicksals sind dunkel genug, aber
bei weitem nicht so verdächtig wie die eines Buchs.
Das Schnitzlersche Problem, das neue, wächst im
Schnitzlerschen Milieu, dem alten, es ist ein
Ornament wie alles Höhere, das für ein Inneres gesetzt
wird. Es ist eine fertige Sache wie der liebe Gott,
an den sie glauben, weil er einmal da ist, aber mit
einem Glauben, der nicht stark genug wäre, Gott zu
schaffen, wenn er nicht zufällig da wäre. Fertig hat
Schnitzler das ganze Inventar dieser Unendlichkeit
übernommen, die sich über dem irdischen Boudoir so
gut wie über der irdischen Handelskammer wölbt.
Fertig bis auf die Nomenklatur ist die ganze Vor¬
stellung seiner Romanwelt. Eine Bertha Garlan ist
nicht in Wien zuständig, sondern aus einem Roman
nach Wien gekommen, um in einen Roman zu über¬
siedeln. Auch das Wienertum von mehr konfessioneller
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den Weg ins Freie gefunden habe, hierauf dem
Ruf des Lebens gefolgt sei und den einsamen Weg
beschritten habe, um in den Marionetten zu den
tiefsten Aufschlüssen vom Puppenspiel des Lebens zu
gelangen. Wie es für den Künstler zeugt, daß jeder, der
sich mit ihm befaßt, immer wieder mit seinen Worten
seine Werte zu fassen bekommt, so ist die stereotype
Berufung auf jene allzu schmackhaften Symbole für
ihren Bereiter charakteristisch. Die Schicksalsküche
Ilt andere Genüsse her als Bilderrätsel und
Buchtitel, die jeden ausgewachsenen Anatol nach¬
denklich stimmen, und die Hingabe ans Grenzenlose,
die das Rathausviertel mitmacht, ist mir verdächtig.
Es ist ein Aberglaube, daß der Künstler für das Klische
nicht verantwortlich ist, das mit ihm fertig wird, und
so glaube ich, daß ein Buch, durch welches mit
Stundenglas und Hippe Freund Hein schreitet, vom Ein¬
gang zum Ausgange, nicht zu hoch über dem Niveau lebt,
auf dem solche Vorstellung zustandekommt. Man
hört das Schnitzlersche Problem anklingen, die ewige
tieftraurige Frage des Dichters überhaupt, aber solcher
Frage ist solches Ohr nicht unerreichbar. Die Zu¬
sammenhänge des Schicksals sind dunkel genug, aber
bei weitem nicht so verdächtig wie die eines Buchs.
Das Schnitzlersche Problem, das neue, wächst im
Schnitzlerschen Milieu, dem alten, es ist ein
Ornament wie alles Höhere, das für ein Inneres gesetzt
wird. Es ist eine fertige Sache wie der liebe Gott,
an den sie glauben, weil er einmal da ist, aber mit
einem Glauben, der nicht stark genug wäre, Gott zu
schaffen, wenn er nicht zufällig da wäre. Fertig hat
Schnitzler das ganze Inventar dieser Unendlichkeit
übernommen, die sich über dem irdischen Boudoir so
gut wie über der irdischen Handelskammer wölbt.
Fertig bis auf die Nomenklatur ist die ganze Vor¬
stellung seiner Romanwelt. Eine Bertha Garlan ist
nicht in Wien zuständig, sondern aus einem Roman
nach Wien gekommen, um in einen Roman zu über¬
siedeln. Auch das Wienertum von mehr konfessioneller