13. Miscellaneous
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Geburtstag: „Begegnen wir nicht gleich an der ersten
Gabelung seines Entwicklungsganges der unbewußten
Anwendung der Mach'schen ich Lehre, die in der
Zergliederung des Ich-Bewußtseins gipfelt? Traurig
genug, aus dem Mund eines Weibes eine solche
Frage zu hören. Aber recht hat sie schon. Schnitzler
ist wirklich einer jener psychologischen Bittsteller,
denen die eigene Tür vor der eigenen Nase zugeschlagen
wird, jener gehemmten Eindringlichen, die vor der
Bewußtseinsschwelle umkehren müssen und darüber
unglücklich sind. Wirklich einer von jenen, die auf
der Lauer liegen, wenn sie vorüberkommen. Aber hier
ächt nur als schmerzliche Neugierde intellektueller
Nerven, was in den großen Versuchern als die tragische
Sehnsucht wehrhafter Gehirne brüllt. Es ist nur
wenngleich in der ehrlichsten und saubersten Art
der Typus, der aus einem fehlenden Ich zwei macht.
Das weiß sogar Herr Hermann Bahr, daß diese
Form von Verinnerlichung nur innere Schwäche ist:
Furcht von Menschen, die sich bewahren wollen,
weil sie noch nicht wissen, daß dies der Sinn des
Lebens ist: sich zu zerstören, damit Höheres
lebendig werde. Immerhin, wenn Schnitzler sich
bewahren will, wird doch etwas mehr aufgehoben,
als lebendig wird, wenn Bahr sich vergeuden will,
aber Höheres wird da und dort nicht erzielt, und
es ist peinlich, den Attinghausen von Ober-St. Veit,
der seinen Uli vom Griensteidl nicht mehr erkennt,
mit dem Aufgebot der letzten Gradheit in einen
Lehnstuhl von Olbrich zurücksinkend, verkünden zu
hören: „Ich kann Dir heute nichts anderes sagen, nichts
besseres wünschen, Du bist mir zu lieb. Du bist mir
zu lieb, denn täusche Dich doch nicht: Du bist kein
Hofrat unserer Pharaonen, laß Dich nicht dazu
machen.... Bescheide Dich nicht, ergib Dich nicht an
Wien, erhöre Dich selbst! Vorwärts, aufwärts, werde
was Du bist (Stirbt.) Anders Dörmann. Wohl dire,
ruft er, daß du gegangen den selbsterwählten Pfad,
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Geburtstag: „Begegnen wir nicht gleich an der ersten
Gabelung seines Entwicklungsganges der unbewußten
Anwendung der Mach'schen ich Lehre, die in der
Zergliederung des Ich-Bewußtseins gipfelt? Traurig
genug, aus dem Mund eines Weibes eine solche
Frage zu hören. Aber recht hat sie schon. Schnitzler
ist wirklich einer jener psychologischen Bittsteller,
denen die eigene Tür vor der eigenen Nase zugeschlagen
wird, jener gehemmten Eindringlichen, die vor der
Bewußtseinsschwelle umkehren müssen und darüber
unglücklich sind. Wirklich einer von jenen, die auf
der Lauer liegen, wenn sie vorüberkommen. Aber hier
ächt nur als schmerzliche Neugierde intellektueller
Nerven, was in den großen Versuchern als die tragische
Sehnsucht wehrhafter Gehirne brüllt. Es ist nur
wenngleich in der ehrlichsten und saubersten Art
der Typus, der aus einem fehlenden Ich zwei macht.
Das weiß sogar Herr Hermann Bahr, daß diese
Form von Verinnerlichung nur innere Schwäche ist:
Furcht von Menschen, die sich bewahren wollen,
weil sie noch nicht wissen, daß dies der Sinn des
Lebens ist: sich zu zerstören, damit Höheres
lebendig werde. Immerhin, wenn Schnitzler sich
bewahren will, wird doch etwas mehr aufgehoben,
als lebendig wird, wenn Bahr sich vergeuden will,
aber Höheres wird da und dort nicht erzielt, und
es ist peinlich, den Attinghausen von Ober-St. Veit,
der seinen Uli vom Griensteidl nicht mehr erkennt,
mit dem Aufgebot der letzten Gradheit in einen
Lehnstuhl von Olbrich zurücksinkend, verkünden zu
hören: „Ich kann Dir heute nichts anderes sagen, nichts
besseres wünschen, Du bist mir zu lieb. Du bist mir
zu lieb, denn täusche Dich doch nicht: Du bist kein
Hofrat unserer Pharaonen, laß Dich nicht dazu
machen.... Bescheide Dich nicht, ergib Dich nicht an
Wien, erhöre Dich selbst! Vorwärts, aufwärts, werde
was Du bist (Stirbt.) Anders Dörmann. Wohl dire,
ruft er, daß du gegangen den selbsterwählten Pfad,