13.
Miscellaneous
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daß Sinnen und Verlangen ausreiften dir zur Tat. Es
grüßt dein reines Wirken, es drückt dir war die Hand
von anderen Bezirken — ein Freund aus Jugendland.
Es kann, wiewohl die Sätze hier fortlaufend gedruckt
sind, auch dem Laien nicht auf die Dauer verborgen
bleiben, daß es sich um Verse handelt. Sie bringen
mit stiller Nachdenklichkeit die Wehmut zum Ausdruck,
die sich immer einstellt, wenn ein Dichter erkennt,
daß er in ganz andere Bezirke gekommen ist, als in
der Jugend ausgemacht war, nämlich auf die Wieden
und in die Leopoldstadt. Indem aber ein Libretto auf
Empfehlung eines Zigarrenagenten von einem Fürsten
Lubomirski zur Komposition angenommen wurde, zeigt
sich, daß das Schicksal zwar seine Zusammenhänge, aber
auch seine guten Seiten hat, und daß Beaudelaire ein
Pechvogel war. Von einer ähnlichen Schwermut erfüllt
sind schon die Jugendgedichte Arthur Schnitzlers
selbst, mit denen der Merker seine Festnummer eröffnet,
offenbar, um mit diesem aus Dämmer und Schimmer
gewobenen Kitsch zu beweisen, daß der Jubilar nie ein
Lyriker war. Der Merker werde bekanntlich, und wie
er selbst wünscht, so bestellt, daß weder Haß noch
Lieben das Urteil trüben, das er fällt. Da er keines zu
haben scheint, so ist die Forderung leicht erfüllbar.
Herr Georg Hirschfeld, dessen schicksalhafte Zusammen¬
hange der deutschen Literatur darin bestehen, daß
er zuweilen mit Schnitzler durch die stillen Gassen der
Wiener Vorstadt geht, da er an der Seite Gerhart
Hauptmanns weniger profitieren konnte, dankt jenem
nicht nur für das Durchdringen in der Kunst, wo er
sein ehrlicher Förderer geworden. In Maitagen,
die Schnitzlers Geburtsfest umschließen, sei er mit
ihm gewandelt, und nicht schwach an der Seite dieses
Starken gewesen. »Leise, leise habe sich eine positive
Lust am Dasein in ihm gemeldet. Wie oft folgte ich
Schnitzlers Blick, wenn er die schönen Mädchen der
Josefstadt betrachtete, die Christinen (mit einem n)
und die Schlagermizzis. Leise, ganz leise zieht durch
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daß Sinnen und Verlangen ausreiften dir zur Tat. Es
grüßt dein reines Wirken, es drückt dir war die Hand
von anderen Bezirken — ein Freund aus Jugendland.
Es kann, wiewohl die Sätze hier fortlaufend gedruckt
sind, auch dem Laien nicht auf die Dauer verborgen
bleiben, daß es sich um Verse handelt. Sie bringen
mit stiller Nachdenklichkeit die Wehmut zum Ausdruck,
die sich immer einstellt, wenn ein Dichter erkennt,
daß er in ganz andere Bezirke gekommen ist, als in
der Jugend ausgemacht war, nämlich auf die Wieden
und in die Leopoldstadt. Indem aber ein Libretto auf
Empfehlung eines Zigarrenagenten von einem Fürsten
Lubomirski zur Komposition angenommen wurde, zeigt
sich, daß das Schicksal zwar seine Zusammenhänge, aber
auch seine guten Seiten hat, und daß Beaudelaire ein
Pechvogel war. Von einer ähnlichen Schwermut erfüllt
sind schon die Jugendgedichte Arthur Schnitzlers
selbst, mit denen der Merker seine Festnummer eröffnet,
offenbar, um mit diesem aus Dämmer und Schimmer
gewobenen Kitsch zu beweisen, daß der Jubilar nie ein
Lyriker war. Der Merker werde bekanntlich, und wie
er selbst wünscht, so bestellt, daß weder Haß noch
Lieben das Urteil trüben, das er fällt. Da er keines zu
haben scheint, so ist die Forderung leicht erfüllbar.
Herr Georg Hirschfeld, dessen schicksalhafte Zusammen¬
hange der deutschen Literatur darin bestehen, daß
er zuweilen mit Schnitzler durch die stillen Gassen der
Wiener Vorstadt geht, da er an der Seite Gerhart
Hauptmanns weniger profitieren konnte, dankt jenem
nicht nur für das Durchdringen in der Kunst, wo er
sein ehrlicher Förderer geworden. In Maitagen,
die Schnitzlers Geburtsfest umschließen, sei er mit
ihm gewandelt, und nicht schwach an der Seite dieses
Starken gewesen. »Leise, leise habe sich eine positive
Lust am Dasein in ihm gemeldet. Wie oft folgte ich
Schnitzlers Blick, wenn er die schönen Mädchen der
Josefstadt betrachtete, die Christinen (mit einem n)
und die Schlagermizzis. Leise, ganz leise zieht durch