13. Miscellaneous
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den Raum... Aber das ist ja von Dörmann und aus
dem Walzertraum, — nein, es zog ein holdes Grüßen
durch die Luft. Ich aber, im Schatten dieses Dichters,
durfte schauen und atmen, wortlos fragen zum reinen
Wiener Himmel empor. Aber wahre Dich, Wien
mahnt Hirschfeld, anders als Bahr. Wahre Dich.
„Du hast einen großen Dichter noch, der dein
Erbe wahrt, dein unersetzliches Erbe. Dieser entartete
Berliner verdient wirklich nicht, daß es eine Unter¬
grundbahn gibt. Wir wollen ihn in Wien zuständig
machen und ihn mit jenem andern Hirschfeld ver¬
wechseln, der plaudern kann. Ein Herr Ernst Lothar, den
man gleichfalls verwechseln darf, sagt, Schnitzler sei
uns Führer gewesen hinaus zu den Grenzen des
Letzten und Geheimnisvollsten. Es kommt eben
darauf an, wie weit man diese Grenzen steckt, das ist
Standpunktsache, für manche Leute beginnt dort schon
die Ewigkeit, wo ich noch einen Zeitvertreib sehe,
und manche stehen schon dort vor den Rätseln,
wo andere nur eine Rätselecke vorfinden. Es
ist aber nicht zu leugnen, daß zwischen allerlei
Feuilletonvolk auch die Dichter Weekind, Heinrich
und Thomas Mann die Gelegenheit, die sie anrief,
benützt haben, um die Bedeutung des Schnitzlerschen
Schaffens weit über alles in der heutigen Literatur
verfügbare Maß anzuerkennen. Wenn man selbst
die Liebenswürdigkeit, die der Anlaß Privatleuten zur
Pflicht macht, abzieht, bleibt noch so viel übrig, daß
für die kritischen Potenzen der Herren selbst nicht
viel übrig bleibt. Sie sind auch zur Kritik nicht ver¬
pflichtet. Wenn Frank Wedekind behauptet, daß Schnitzler
ein Klassiker und der einzige Dramenschöpfer sei, der
nach zwanzig Jahren deutscher Produktion lebe, so ist
weder die Selbstlosigkeit solchen Lobes noch die Ver¬
kennung Hauptmanns begreiflich und die Frage
gestattet, ob Wedekind wirklich die theatralische Halt¬
barkeit des Weiten Landes oder die journalistische
Haltbarkeit des Freiwilds neben Erdgeist, und
»Pippa für diskutabel hält. Solche Außerungen eines
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den Raum... Aber das ist ja von Dörmann und aus
dem Walzertraum, — nein, es zog ein holdes Grüßen
durch die Luft. Ich aber, im Schatten dieses Dichters,
durfte schauen und atmen, wortlos fragen zum reinen
Wiener Himmel empor. Aber wahre Dich, Wien
mahnt Hirschfeld, anders als Bahr. Wahre Dich.
„Du hast einen großen Dichter noch, der dein
Erbe wahrt, dein unersetzliches Erbe. Dieser entartete
Berliner verdient wirklich nicht, daß es eine Unter¬
grundbahn gibt. Wir wollen ihn in Wien zuständig
machen und ihn mit jenem andern Hirschfeld ver¬
wechseln, der plaudern kann. Ein Herr Ernst Lothar, den
man gleichfalls verwechseln darf, sagt, Schnitzler sei
uns Führer gewesen hinaus zu den Grenzen des
Letzten und Geheimnisvollsten. Es kommt eben
darauf an, wie weit man diese Grenzen steckt, das ist
Standpunktsache, für manche Leute beginnt dort schon
die Ewigkeit, wo ich noch einen Zeitvertreib sehe,
und manche stehen schon dort vor den Rätseln,
wo andere nur eine Rätselecke vorfinden. Es
ist aber nicht zu leugnen, daß zwischen allerlei
Feuilletonvolk auch die Dichter Weekind, Heinrich
und Thomas Mann die Gelegenheit, die sie anrief,
benützt haben, um die Bedeutung des Schnitzlerschen
Schaffens weit über alles in der heutigen Literatur
verfügbare Maß anzuerkennen. Wenn man selbst
die Liebenswürdigkeit, die der Anlaß Privatleuten zur
Pflicht macht, abzieht, bleibt noch so viel übrig, daß
für die kritischen Potenzen der Herren selbst nicht
viel übrig bleibt. Sie sind auch zur Kritik nicht ver¬
pflichtet. Wenn Frank Wedekind behauptet, daß Schnitzler
ein Klassiker und der einzige Dramenschöpfer sei, der
nach zwanzig Jahren deutscher Produktion lebe, so ist
weder die Selbstlosigkeit solchen Lobes noch die Ver¬
kennung Hauptmanns begreiflich und die Frage
gestattet, ob Wedekind wirklich die theatralische Halt¬
barkeit des Weiten Landes oder die journalistische
Haltbarkeit des Freiwilds neben Erdgeist, und
»Pippa für diskutabel hält. Solche Außerungen eines